Schnabelkanne aus dem Mekka der Keramik

Posted on Mar 5, 2025

„Kunst? Das sind doch bloß Töppe!“: die Keramikerin Hedwig Bollhagen (1907 - 2001) fühlte sich zeitlebens dem schlichten Gebrauchs-Kunst-Ideal der Bauhaus-Epoche verpflichtet. Fast zuviel der Bescheidenheit. Schließlich war die gebürtige Hannoveranerin mit ihrem zeitlosen Alltagsgeschirr im typischen blau-weißen Streifenmuster längst zum Geheimtipp von Designfreunden aus ganz Deutschland aufgestiegen, die Manufaktur im brandenburgischen Marwitz galt schon vor der Wende als Art gesamtdeutsches Mekka von Keramik-Fans. Neben „Töppen“, Tellern und Tassen gibt der Bollhagen-Stil auch Kannen einen ganz besonderen optischen Reiz, etwa der berühmten Kaffeekanne „588B“ mit geschwungenem Rumpf, flachem Deckel und hochgezogenem Schnabelausguss.

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Serielle Fertigung plus Handarbeit

Auf die breite Öffnung lässt sich ein klassischer Filteraufsatz stellen, um den braunen Bohnensaft auf altbewährte Methode aufzubrühen. Die Kanne ist ein gutes Beispiel dafür, wie gut Bollhagen in ihren Entwürfen traditionelle Formen der „Bauerntöpferei“ mit moderner Formensprache verbinden konnte. Anders als einfachere Formen wie Teller oder Tassen werden solche Kannen nicht per Hand an einer Drehscheibe produziert, sondern mit Hilfe von Gipsformen gegossen. Die weitere Bearbeitung - das Glätten und Putzen der Oberfläche, aber auch das Auftragen der Glasuren — erfolgt dann wiederum von Hand. So bleibt jedes Exemplar letztlich ein in Handarbeit vollendetes Unikat.

Keramik-Welten in Velten

Produziert wird die Kaffeekanne 588B bis heute in den 1934 gegründeten „Hedwig Bollhagen Werkstätten“ unweit von Velten bei Berlin, wo sich früher mal ein Zentrum der mitteldeutschen Kachelofen- und Keramikindustrie befand. Außerdem wurden hier in großen Ringöfen jene Ton-Ziegel gebrannt, aus denen die schmucken Altbauviertel der deutschen Hauptstadt entstanden, die bis heute den Charakter der innerstädtischen Quartiere prägen. Auch der Grundstoff für die Bollhagenschen „Töppe“ kommt immer noch aus den lokalen Tongruben, „Pötterberge“ genannt.