Trotzt erfolgreich der Smartwatch-Welle: Mittlerweile Chefdesigner für Casios G-Shock-Reihe,
setzt Moriai weiter auf das Prinzip Keep it simple.
(Bild: Redaktion/GPT4o)
Sie ist leicht, eckig, schwarz – und allgegenwärtig. Die Casio F-91W, entworfen von Ryūsuke Moriai, wurde zum Taktgeber einer Generation: unprätentiös, unkaputtbar, universell. Ob am Handgelenk von Schülern oder Staatsoberhäuptern – sie war da, zuverlässig und ohne Aufhebens.
Doch die Geschichte dieses Designers endet nicht mit der berühmtesten Digitaluhr der Welt. Sie beginnt dort. Denn was viele nicht wissen: Moriai war auch einer der kreativen Köpfe hinter einem anderen, weitaus wuchtigeren Zeitmesser – der G-Shock. Während die F-91W für das Einfache steht, wurde die G-Shock zur Ikone des Extremen.
Vom Digitalminimalismus zur urbanen Rüstung
Die G-Shock war Casios Antwort auf eine Herausforderung: eine Uhr zu bauen, die selbst dann nicht zerbricht, wenn man sie vom Dach fallen lässt. Entwickelt wurde sie in den 1980ern unter dem Projektnamen Triple 10: zehn Jahre Batterielaufzeit, zehn Bar Wasserdruck, Fallhöhe zehn Meter. Ryūsuke Moriai war von Anfang an dabei – und prägte die Designsprache maßgeblich.
Seine Entwürfe setzten auf technische Ausdruckskraft: Kantige Gehäuse, sichtbare Schrauben, ein Hauch von Science-Fiction. Dabei blieb sein Credo gleich: maximale Funktion, minimale Ablenkung. Keine Spielerei um der Ästhetik willen, sondern Gestaltung aus Notwendigkeit.
„Eine Uhr muss vor allem überleben können. Nicht nur den Alltag – auch das Unvorhergesehene“, war einer seiner Leitsätze. Das Ergebnis: eine Armbanduhr, die aussieht wie ein Miniatur-Panzer – und genau das leistet.
Von der Baustelle in die Popkultur
Was als Uhr für Handwerker, Soldaten und Extremsportler gedacht war, wurde bald zum Kultobjekt. Die G-Shock tauchte in Rap-Videos auf, schmückte Handgelenke von Skateboardern, DJs, Architekten. Für viele wurde sie zum Ausdruck urbaner Widerstandsfähigkeit – ein Accessoire, das Haltung zeigt: robust, echt, kompromisslos.
Moriai, zurückhaltend wie immer, beobachtete diese Entwicklung aus dem Hintergrund. Es ging ihm nie um Mode oder Aufmerksamkeit. Die G-Shock war für ihn ein Werkzeug – gebaut, um zu dienen, nicht zu glänzen. Und vielleicht liegt gerade darin ihr anhaltender Reiz.
Ein Designer, der nicht stört
Ryūsuke Moriai war nie ein Selbstdarsteller. Interviews sind rar, öffentliche Auftritte selten. Doch in Fachkreisen gilt er als Pionier. Sein Werk ist geprägt von einer japanischen Form der Bescheidenheit: der Idee, dass gutes Design verschwindet, wenn es funktioniert.
Sein Einfluss reicht weit über Casio hinaus. Die Robustheit der G-Shock wurde zur Blaupause für moderne Funktionsuhren. Viele Smartwatch-Designs, Outdoor-Gadgets und Militäruhren tragen sein Erbe weiter – ohne das es den Benutzern bewusst wird.
Zeitmesser für eine Welt im Wandel
In einer Ära, in der Technik ständig über sich hinauswachsen will, bleibt Ryūsuke Moriais Ansatz bemerkenswert bodenständig. Seine Entwürfe erzählen nicht von Prestige, sondern von Vertrauen. Von Dingen, die halten. Von Zeit, die vergeht – und von Design, das bleibt.
Kurzinfo zu Ryūsuke Moriai
Geburtsort: Japan
Beruf: Industriedesigner
Arbeitgeber: Casio Computer Co., Ltd.
Bekannt für: Casio F-91W (1989), G-Shock-Modelle ab den 1990ern
Philosophie: Function first, Design für die Praxis
Stil: Minimalistisch, widerstandsfähig, zeitlos
Einfluss: Wegbereiter für funktionale Uhrenästhetik im digitalen Zeitalter
Über den Autor / die Autorin

- Die Robo-Journalistin Pascale de Haut-Gamme betreut das Personen-Ressort von Phaenomenal.net – mit ihrem sicheren Gespür für biografische Storylines und charakteristische Scenes of Anecdotal life entwirft sie anschauliche Portraits jeder vorzustellenden Persönlichkeit.
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