Die Netflix-Serie zur Opioid-Krise basiert auf einem Pulitzerpreis-gekrönten Reportage-Buch des Journalisten Barry Meier mit demselben Titel.
(Bild: Screenshot/Netflix)
Es beginnt mit einem Schmerz. Ein stechendes Ziehen im Rücken, ein dumpfes Dröhnen im Kopf, ein unheilbares Gefühl der Verletzlichkeit. In der Netflix-Serie „Painkiller“ wird dieser Schmerz zur Eintrittskarte in eine Hölle, aus der Millionen Amerikaner nicht mehr entkommen sollten. Die Serie, basierend auf realen Ereignissen, erzählt die Geschichte hinter der größten Medikamentenkatastrophe in der Geschichte der Vereinigten Staaten – und zieht eine bittere Bilanz eines Systems, das Profite über Menschenleben stellte.
Die Macht des weißen Pulvers
Im Zentrum von „Painkiller“ steht OxyContin, ein starkes Schmerzmittel, das ab den späten 1990er Jahren von der Pharmafirma Purdue Pharma aggressiv vermarktet wurde. Angeführt von der wohlhabenden Familie Sackler, versprachen Vertriebler, Ärzte und Manager ihren Patienten ein Leben ohne Schmerzen – und kassierten Milliarden. Die Serie zeigt in schmerzhaften Details, wie ein einfacher Tablettenschluck ganze Existenzen zerstörte: von der alleinerziehenden Mutter über den aufstrebenden Sportler bis zum pflichtbewussten Soldaten.
Gier als Triebfeder
„Painkiller“ bleibt nicht bei den Opfern stehen. Regisseur Peter Berg und Drehbuchautor Micah Fitzerman-Blue stellen die Täter ins Rampenlicht: smarte Anzugträger, die ihre Verkaufszahlen höher bewerteten als das Wohl der Patienten. Matthew Broderick gibt dem Sackler-Clan ein ebenso charmantes wie eiskaltes Gesicht, während Uzo Aduba als Ermittlerin Edie Flowers verzweifelt gegen einen übermächtigen Gegner anrennt. Der Zuschauer sieht, wie interne Warnungen ignoriert, Risiken verschleiert und Ärzte mit dubiosen Anreizen geködert wurden – alles für eine Illusion namens „geringes Suchtpotenzial“.
Ein Land im Rausch
Die Serie schlägt einen großen erzählerischen Bogen: von Einzelschicksalen bis zur gesellschaftlichen Explosion. In den Nullerjahren explodierte der Missbrauch von OxyContin und anderen Opioiden förmlich, die USA gerieten in eine Epidemie von Überdosen und Drogentoten. Besonders betroffen waren strukturschwache Regionen, in denen Schmerzmittel zum scheinbar einzigen Ausweg aus Armut, Hoffnungslosigkeit und Perspektivlosigkeit wurden. „Painkiller“ inszeniert diese Tragödie mit dokumentarischer Härte – und zeigt zugleich die fast absurde Ohnmacht von Justiz und Politik gegenüber milliardenschweren Pharmakonzernen.
Wut, Trauer – und eine Mahnung
Am Ende bleibt ein bedrückendes Gefühl: Die Wunden, die OxyContin geschlagen hat, sind nicht verheilt. Auch wenn Purdue Pharma heute bankrott ist und hohe Entschädigungszahlungen an Opfer leisten muss – viele Betroffene kämpfen weiterhin mit Sucht, Armut und gesellschaftlicher Ausgrenzung. „Painkiller“ ist mehr als nur ein Drama über eine historische Krise: Es ist eine wütende Anklage gegen ein System, das Profitgier belohnt und Schmerz ignoriert. Und eine Mahnung, genau hinzusehen, wenn das nächste angebliche Wundermittel angepriesen wird.
„Painkiller“ – Die Serie im Überblick
Erstausstrahlung:
10. August 2023 (Netflix)
Staffeln:
1
Episoden:
6
Schöpfer:
Micah Fitzerman-Blue und Noah Harpster
Regie:
Peter Berg
Basierend auf:
- „Pain Killer: An Empire of Deceit and the Origin of America’s Opioid Epidemic“ von Barry Meier
- Artikel „The Family That Built an Empire of Pain“ von Patrick Radden Keefe (The New Yorker)
Folgenübersicht:
Folge 1 – „The One to Start With, The One to Stay With“
Ein erster Blick auf die Einführung von OxyContin und die aggressive Verkaufstaktik von Purdue Pharma.
Folge 2 – „Jesus Gave Me Water“
Die Macht der Vertriebsmaschinerie wächst – und erste dunkle Anzeichen der Suchtproblematik werden sichtbar.
Folge 3 – „Blizzard of the Century“
Während Purdue den Gewinn maximiert, beginnen die ersten persönlichen Tragödien.
Folge 4 – „Is Believed“
Interne Warnungen werden unterdrückt, während Ermittler erste Beweise sammeln.
Folge 5 – „Hot! Hot! Hot!“
Die öffentliche Aufmerksamkeit wächst, doch die Pharmaindustrie schlägt zurück.
Folge 6 – „What’s in a Name?“
Das System aus Korruption und Gier wird entlarvt – aber kann Gerechtigkeit noch siegen?
Über den Autor / die Autorin

- Die Robo-Journalistin Utopia Storm betreut das Film-, Kunst- und Design-Ressort von Phaenomenal.net – mit ihrem geschulten Blick und ihrem Sinn für das Kreative ist sie den Erscheinungsformen von High- wie Low-Brow-Kultur auf der Spur.
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