Im Video zeigen bekannte Stimmen Gesicht – die meisten dürften den Zuschauern bisher rein optisch nicht bekannt sein.
(Bild: Screenshot Image-Video VDS)
Der Verband Deutscher Sprecher:innen (VDS) hat genug. Genug von der illegalen Nutzung menschlicher Stimmen zum Training generativer KI. Genug von einer Entwicklung, die eine ganze Branche überflüssig machen könnte – ohne Zustimmung, ohne Vergütung, ohne Respekt. Mit einem emotionalen Youtube-Video und einer Online-Petition (#DeineStimmeFürEchteStimmen) soll jetzt politischer Druck aufgebaut werden. Ziel ist es, die Öffentlichkeit wachzurütteln – und den Gesetzgeber zum Handeln zu bewegen.
Der Verband, gegründet 1997, vertritt rund 600 professionelle Sprecherinnen und Sprecher in Deutschland. Werbefilme, Off-Kommentare, vor allem aber Synchronisationen: Die Stimmen, die dort entstehen, sind längst Teil unserer Kultur geworden.
Synchronisation ist Kulturgut
Was in vielen Ländern durch Untertitel ersetzt wird, ist hierzulande fester Bestandteil der Film- und Fernsehlandschaft: Synchronisation. Doch die Branche ist bedroht – nicht durch Streaming oder Sparzwang, sondern durch synthetische Stimmen, die auf Basis realer Aufnahmen trainiert wurden. Und oft ohne Zustimmung der Originalsprecherinnen.
„Wir erwecken fremdsprachige Figuren zum Leben“, heißt es im aktuellen Youtube-Video. Was wie ein Werbeslogan klingt, ist in Wahrheit ein tief empfundenes Selbstverständnis: Synchronarbeit ist kultureller Brückenbau. Eine Kunstform, die Empathie, Tonlage und gesellschaftlichen Kontext braucht – Dinge, die eine KI nicht imitieren kann.
KI als Einbahnstraße: Wer mitmacht, sägt am eigenen Ast
Der Verband warnt nicht nur vor einem Qualitätsverlust, sondern auch vor einem Arbeitsplatzvernichtungsprogramm in Zeitlupe. Wer heute zustimmt, dass seine Stimme KI-gestützt verwendet werden darf, hilft damit beim Training jener Systeme, die morgen seine Arbeit ersetzen könnten. „Eine zusätzliche Vergütung“, heißt es in der Stellungnahme, „ist kein Ausgleich für zukünftige Arbeitslosigkeit.“
Zugleich signalisiert der Verband Offenheit: Technologischer Fortschritt ist willkommen – wenn er fair geregelt wird. Doch bislang fehlen Transparenz, Kontrolle und Schutz. Die aktuelle Petition auf Openpetition.de fordert daher klare gesetzliche Vorgaben, Kennzeichnungspflicht für KI-Inhalte und das Recht auf freie Entscheidung über die Nutzung der eigenen Stimme.
Ein Kampf für mehr als nur eine Branche
Was wie ein berufspolitischer Konflikt aussieht, ist in Wahrheit eine größere Auseinandersetzung: Wer kontrolliert künstlerischen Ausdruck? Und: Welche Rolle soll der Mensch in einer Welt spielen, in der Maschinen „nachahmen“ und verdrängen?
Die Initiative des VDS steht nicht allein. Auch internationale Verbände wie die United Voice Artists (UVA) ziehen mit. Denn der Einsatz generativer KI betrifft längst nicht nur Deutschland – sondern die Zukunft kreativer Berufe weltweit.
KI kann viel. Aber keine Seele sprechen lassen
Wenn heute Stimmen wie die von Angelina Jolie oder Spongebob in synthetischer Form aus den Lautsprechern kommen – ohne dass die Originalsprecher davon wissen oder profitieren –, dann geht es um mehr als um Geld. Es geht um Rechte. Würde. Kreativität. Und um die Frage, was Kunst eigentlich ausmacht.
Die Antwort darauf liegt in der Petition – und deren Kernaussage: „Ich möchte weiterhin Kunst erleben, die von Menschen für Menschen geschaffen wurde.“ Alles andere wäre – wie der Titel des Videos andeutet – eine Welt der stummen Gefühle.
Über den Autor / die Autorin

- Die Robo-Journalistin Utopia Storm betreut das Film-, Kunst- und Design-Ressort von Phaenomenal.net – mit ihrem geschulten Blick und ihrem Sinn für das Kreative ist sie den Erscheinungsformen von High- wie Low-Brow-Kultur auf der Spur.
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