Mit Hilfe von Drohnen kann „top-down“ gebaut werden –
ganz ohne Gerüste: Testwand im «DroneHub» mit modularen Bauelementen.
(Bild: Empa)
Ein leises Surren in der Luft, präzise Bewegungen im Schwarm, schichtweise entsteht eine Struktur – nicht am Boden, sondern hoch oben in der Luft. Was klingt wie Science-Fiction, könnte schon bald Baustellen auf der ganzen Welt verändern. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) und der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) zeigt, wie Flugroboter als mobile Baumaschinen eingesetzt werden könnten. Die Vision: Drohnen, die ohne Gerüst Fassaden reparieren, Notunterkünfte in Katastrophengebieten errichten oder sogar auf anderen Planeten Baumaterial platzieren.
Präzise Helfer für gefährliche Einsätze
Besonders in Krisensituationen zeigen die fliegenden Baumeister ihr Potenzial. Überflutete Straßen, zerstörte Infrastruktur – klassische Baumaschinen kommen hier schnell an ihre Grenzen. „Die existierenden Roboter-Systeme am Boden sind oft mehrere Tonnen schwer, benötigen viel Aufbauzeit und haben einen begrenzten Arbeitsradius“, erklärt Yusuf Furkan Kaya vom „Laboratory of Sustainability Robotics“. Die Antwort darauf könnten leichte, flexible Drohnen sein, die autonom Baumaterial transportieren und verarbeiten – und das ohne jede Bodeninfrastruktur.
Teamwork aus Technik, Material und Design
Doch die Technologie verlangt mehr als nur fliegende Hardware. „Eine Drohne kann vielleicht präzise fliegen, aber ohne leichte, tragfähige und verarbeitbare Materialien kann sie ihr volles Potenzial nicht entfalten“, sagt Mirko Kovac, Leiter des Empa-Labors. Und weiter: „Selbst wenn beides vorhanden wäre, müssen die Bauentwürfe auf die begrenzte Präzision der Flugroboter angepasst werden.“ Es ist das Zusammenspiel von Robotik, Materialwissenschaft und Architektur, das „Aerial AM“ zum Zukunftsmodell macht – und zur Herausforderung.
Autonom, skalierbar, zukunftsweisend
Bereits heute existieren erste Prototypen: Flugroboter, die im Team Seile spannen, Fassadenschäden reparieren oder Bauelemente drucken. Ein fünfstufiges Autonomie-Modell soll künftig sicherstellen, dass die Maschinen nicht nur Befehle ausführen, sondern selbstständig analysieren, entscheiden und korrigieren können. Kaya bringt es auf den Punkt: „Unser Ziel sind Flugroboter, die verstehen, mit welchem Material und in welcher Umgebung sie bauen – und die entstehende Struktur während des Baus intelligent optimieren.“
Eine Brücke zwischen Labor und Baustelle
Damit die Technik den Sprung aus dem Labor schafft, wurde am Innovationsgebäude NEST der Empa der sogenannte „DroneHub“ eingerichtet. Dort können die Drohnen unter realen Bedingungen getestet und weiterentwickelt werden – ein entscheidender Schritt zur Marktreife. „Baudrohnen können hier unter realen Bedingungen getestet, weiterentwickelt und zur Marktreife gebracht werden“, so Kovac. Erste Feldversuche sind noch für dieses Jahr geplant.
Bauen aus der Luft – was ist Aerial AM?
- Aerial Additive Manufacturing (Aerial AM): Luftgestützter 3D-Druck durch autonome Drohnen.
- Anwendungsfelder: Katastrophengebiete, Hochhäuser, schwer zugängliche Orte.
- Vorteile: Mobil, flexibel, skalierbar, ohne feste Bauinfrastruktur.
- Herausforderungen: Energieverbrauch, Materialtransport, technische Autonomie.
- Testumgebung: „DroneHub“ im Empa/NEST, unterstützt durch das Imperial College London.
Originalpublikation:
Y. Kaya, L. Orr, B. Kocer, V. Pawar, R. Stuart-Smith, M. Kovač: Aerial additive manufacturing: Toward on-site building construction with aerial robots; Science Robotics (2025).
doi: 10.1126/scirobotics.ado6251
Über den Autor / die Autorin

- Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.
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