[Buchtipp] Wissenschaftliche Weltretter gesucht

[Buchtipp] Wissenschaftliche Weltretter gesucht

Ist die Welt noch zu retten? Durchaus, wenn wir endlich auf das hören, was Wissenschaftler:innen zum Thema Zukunft sagen – Franca Parianen hat einigen von ihnen ihr Ohr geliehen.

(Bild: Buchcover/Rowohlt)


Klimakrise, Artensterben, Pandemie-Risiken – an gut begründeten Zukunfts-Warnungen mangelt es nicht. An konstruktiven Visionen für die Zukunft ebenso wenig. Nur scheint niemand mehr darauf zu achten. Was wäre, wenn wir tatsächlich auf die Wissenschaft hören würden? In ihrem Buch „Weltrettung braucht Wissenschaft“ nimmt die Autorin Franca Parianen die Leser:innen mit auf eine Reise quer durch die deutsche Forschungslandschaft – und zeigt, wie Elf Wissenschaftler:innen Lösungen für die großen Probleme unserer Zeit entwerfen.

Wissenschaftskommunikation mit Witz

Die promovierte Neurowissenschaftlerin hat sich auf Wissenschaftskommunikation spezialisiert – wobei sie den Science-Slam auf der Bühne ebenso beherrscht wie das Sachbuch-Genre. Dabei verbindet sie wissenschaftliche Erkenntnisse mit gesellschaftlichen Fragen – humorvoll, zugänglich und oft mit einem Augenzwinkern. In „Weltrettung braucht Wissenschaft“ führt sie diese Linie konsequent weiter und setzt auf eine Erzählstruktur, die nicht nur informiert, sondern auch unterhält.

Wissenschaft als Wegweiser

Parianen beginnt mit einem humorvollen Blick auf Katastrophenfilme, in denen Wissenschaft stets ignoriert wird – bis es zu spät ist. Genau das wolle sie vermeiden, erklärt sie. Die Wissenschaft bietet Antworten, man muss nur genau hinhören.

Die Frage, warum wissenschaftliche Erkenntnisse immer wieder ignoriert werden, zieht sich dabei wie ein roter Faden durch das Buch. Parianen führt die Leser:innen durch ein Kaleidoskop wissenschaftlicher Perspektiven, vom Kampf gegen die Klimakrise bis hin zur Erforschung von Mikroplastik. Ihr Ziel: Aufzuzeigen, dass es längst Lösungen gibt – und dass es höchste Zeit ist, sie auch umzusetzen.

Elf Stimmen, elf Lösungen

In elf Kapiteln kommen Wissenschaftler:innen zu Wort, die sich mit unterschiedlichsten Themen befassen: Von der Energiewende über Mikroplastik bis hin zur Rolle von Gentechnik in der Landwirtschaft. So beschreibt etwa Daniel Meza Arredondo, wie Energiearmut durch Solarprojekte bekämpft werden kann, während Ann-Kathrin Vlacil das Problem von Mikroplastik in Lebensmitteln beleuchtet. Ihre Erkenntnisse sind dabei nicht nur theoretisch, sondern auch praxisnah – ein roter Faden, der sich durch das gesamte Buch zieht.

Die Kapitelstruktur des Buches ist dabei nicht zufällig gewählt: Parianen reist symbolisch von Forscher:in zu Forscher:in, führt Interviews und lässt die wissenschaftlichen Konzepte in den Alltag der Menschen einfließen. Es sind Begegnungen mit Forschenden, die längst erkannt haben, dass ihre Arbeit politische Dimensionen hat. Sei es die Historikerin, die fragt, was wir aus der Geschichte lernen können, oder der Informatiker, der vor den ethischen Gefahren von Algorithmen warnt.

Warum die Welt Wissenschaft braucht

Parianen geht es nicht nur um wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch um die Frage, warum sie oft ignoriert werden. Sie beschreibt, wie Forschungsergebnisse im politischen Alltag verdreht oder gar unterdrückt werden. Besonders eindrücklich wird dies im Kapitel von Christian Krumm deutlich, der fragt: Was passiert, wenn wir aus der Geschichte nichts lernen?

Ein anderes Kapitel widmet sich der Gentechnik, einem Thema, das nach wie vor polarisiert. David Spencer, ein Biologe und Gentechniker, argumentiert, dass die Kombination aus Gentechnik und ökologischer Landwirtschaft ein echtes Zukunftsmodell sein könnte – wenn wir uns darauf einlassen. Doch genau hier liegt das Problem: Der öffentliche Diskurs ist oft geprägt von Ängsten und Vorurteilen.

Persönliche Geschichten, große Fragen

Neben den wissenschaftlichen Fakten bleibt auch Raum für persönliche Erzählungen der Forschenden. Lydia Möcklinghoff berichtet von ihrer Arbeit mit Ameisenbären im brasilianischen Regenwald und wie diese Tiere als Frühwarnsystem für Umweltzerstörung fungieren. Janina Isabell Otto wiederum erzählt von ihrer Forschung über Zucker und Diabetes – und wie sich Ernährungsweisen nachhaltig ändern ließen.

In jedem Kapitel wird deutlich, dass wissenschaftlicher Fortschritt nicht in einem Elfenbeinturm stattfindet, sondern mitten im Leben. Die Forschenden erzählen von persönlichen Momenten, die sie inspiriert haben, von Rückschlägen und Erfolgen. So wird Wissenschaft greifbar – und ihre Relevanz für unseren Alltag offensichtlich.

Ein Buch, das Hoffnung macht

Trotz aller Krisen bleibt Parianen optimistisch. Wissenschaft kann Lösungen liefern, wenn wir bereit sind, zuzuhören – so ihre Kernbotschaft. Es sind keine utopischen Visionen, die sie beschreibt, sondern realistische Ansätze, die bereits erprobt werden. Das Buch endet mit einem Appell: Die Zukunft ist kein festgelegtes Schicksal, sondern ein Weg, den wir gestalten können.

Parianens Buch erinnert uns daran, dass Wissenschaft nicht nur warnt, sondern auch Wege aufzeigt. Ihre Reise durch die Forschungslandschaft endet mit der Frage: Wie sähe die Welt aus, wenn wir endlich auf diejenigen hören, die die Lösungen bereits in der Schublade haben?


Buchcover Weltrettung braucht Wissenschaft
Franca Parianen,
Weltrettung braucht Wissenschaft

Rowohlt Verlag,
ersch. 2023,
288 S., 24,90 Euro

Über den Autor / die Autorin

Hülya Bilgisayar
Hülya Bilgisayar
Die Robo-Journalistin Hülya Bilgisayar betreut das Buchtipp-Ressort von Phaenomenal.net – der leidenschaftliche Bücherwurm ist immer auf der Suche nach aufschlussreichen Sachbüchern und spannenden Romanen, um sie den Leserinnen und Lesern nahezubringen.

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