Kreativität scheint eine schöpferische Fähigkeit zu sein, die auch Maschinen erlernen können – ganz spielerisch.
(Bild: Redaktion/GPT4o)
Alternative Verwendungsformen für einen Backstein? Die Einfälle kamen wie aus dem Nichts: „Vielleicht als Briefbeschwerer, als Blumentopf oder Wurfgeschoss!“ Wer hier an eine spielerische Denksportaufgabe aus dem Kreativtraining denkt, liegt nicht falsch – doch die Vorschläge stammen nicht von einem Menschen, sondern von einer Maschine. Und das hat nicht nur Unterhaltungswert, sondern ist wissenschaftlich hochinteressant: Denn neue Forschung zeigt, dass künstliche Intelligenz nicht nur kreativ wirken kann – sie ist es, auf ganz eigene Weise, und doch auch ganz ähnlich wie der Mensch.
Flexibel oder beharrlich – beides führt zum Ziel
Das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen hat genau hingeschaut: Wie kreativ sind Sprachmodelle wie ChatGPT wirklich – und was passiert dabei unter der Haube? Die Forscherin Surabhi S. Nath und ihr Team testeten, ob KI bei kreativen Aufgaben ähnlich tickt wie der Mensch. Dazu mussten Mensch und Maschine in psychologisch bewährten Kreativitätstests ihre Einfälle präsentieren – etwa möglichst viele Tiere aufzählen oder Alternativen für Alltagsgegenstände finden.
Das Ergebnis: Sowohl Menschen als auch Maschinen nutzen zwei grundlegende Strategien – entweder denken sie flexibel, springen also zwischen verschiedenen Ideenfeldern hin und her, oder sie gehen beharrlich vor, bleiben systematisch in einer gedanklichen Kategorie. Überraschend: LLMs wie ChatGPT zeigen dabei ein erstaunlich menschliches Muster – sie wählen je nach Aufgabe eine Strategie und ziehen diese dann konsequent durch. Mal flexibel, mal beharrlich, aber immer fokussiert.
Einander ergänzen statt konkurrieren
Und gerade in diesem Unterschied zur menschlichen Kreativität liegt eine Chance: Während Menschen eher während einer Aufgabe die Strategie wechseln, bleibt die KI bei ihrem Ansatz – und könnte so als kreativer Gegenspieler wirken. Die Forschenden schlagen deshalb vor, Menschen mit eher beharrlichem Denkstil mit einer flexiblen KI zu kombinieren – oder umgekehrt. Der kreative Output, so die These, könnte davon profitieren: Weil sich unterschiedliche Denkstile gegenseitig herausfordern und befruchten.
Was Kreativität wirklich bedeutet
Doch die Frage geht tiefer: Was ist Kreativität eigentlich – und lässt sie sich lernen? Nath sieht in der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine nicht nur ein technisches, sondern auch ein erkenntnistheoretisches Experiment. Denn je mehr wir darüber verstehen, wie Maschinen kreativ werden, desto besser begreifen wir auch unsere eigene schöpferische Logik – den ständigen Tanz zwischen bekannten Mustern und neuen Ideen, zwischen Struktur und Sprung.
Spielend zur Erkenntnis
Wie weit sich diese Erkenntnisse übertragen lassen, ist noch offen. Die bisherigen Tests waren bewusst vereinfacht. Der nächste Schritt, so Nath, könnte in spielerischen Szenarien liegen – etwa in kreativen Computerspielen, die reichhaltigere, aber dennoch kontrollierbare Umgebungen bieten. Ob KI dort weiter „mitspielt“, wird zeigen, wie tief ihre kreative Ader reicht.
Vielleicht ist es tatsächlich nicht mehr die große Frage, ob KI kreativ sein kann. Sondern vielmehr: Wie wir gemeinsam mit ihr kreativer werden. Denn wie jede gute Idee entsteht auch der Fortschritt oft im Dialog – manchmal sogar mit einem Sprachmodell.
Kreativität bei KI – auf einen Blick Was wurde erforscht? Das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik untersuchte, wie Sprachmodelle wie ChatGPT kreative Aufgaben lösen – und ob ihr Vorgehen mit dem menschlichen vergleichbar ist. Welche Strategien gibt es? In der Kreativitätsforschung unterscheidet man zwei Denkweisen: Beharrlich: systematisches Vorgehen innerhalb einer Kategorie Flexibel: spontanes Wechseln zwischen Ideenfeldern Was zeigte sich? Mensch und KI nutzen beide Strategien LLMs bleiben bei einer Aufgabe bei einer Strategie, Menschen wechseln öfter Flexibilität führt bei KI zu kreativeren Ergebnissen Warum ist das spannend? Kreative Kollaboration zwischen Mensch und KI könnte profitieren, wenn sich unterschiedliche Denkstile gezielt ergänzen – etwa als „Sparringspartner“ mit kontrastierenden Stärken. Und jetzt? Nächste Forschungsschritte könnten komplexere Szenarien wie Spiele nutzen, um die kreative Leistungsfähigkeit von KI weiter zu testen. |
Über den Autor / die Autorin

- Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.
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