Insbesondere Mädchen sind gefährdet: Schlaflosigkeit und depressive Verstimmungen hängen zusammen.
(Bild: Redaktion/GPT4o)
Es ist kurz nach Mitternacht. Ein fahler Schein taucht die Gesichter der Teenager in bläuliches Licht, während ihre Finger auf den Displays der Smartphones umher huschen. TikTok, Instagram, Snapchat – die digitale Welt kennt keine Schlafenszeit. Was Jugendliche fasziniert, besorgt jedoch Experten immer stärker: Das nächtliche Scrollen hat seinen Preis, nämlich den Schlaf – und zunehmend die mentale Gesundheit.
Schlafmangel als Folge exzessiver Bildschirmzeit
Eine aktuelle Studie von Wissenschaftlern des renommierten Karolinska-Instituts in Stockholm, publiziert im Fachblatt „PLOS Global Public Health“, offenbart bedenkliche Zusammenhänge. Demnach verbringen schwedische Jugendliche im Schnitt eine Stunde täglich länger vor dem Bildschirm als gesundheitlich empfohlen. Das Ergebnis: Schlafqualität und -dauer verschlechtern sich deutlich. Die Konsequenzen reichen jedoch weit über müde Augen hinaus: Gerade bei Mädchen verstärkt der Schlafmangel depressive Symptome erheblich.
Smartphones als Schlafräuber
„Es handelt sich um eine klare Verdrängung gesunder Schlafgewohnheiten durch das Smartphone“, sagt Sebastian Hökby, Hauptautor der Studie. Smartphones seien nicht nur Zeitfresser, sondern regelrechte Schlafräuber. Besonders kritisch seien dabei Lichtemissionen, die das schlafregulierende Hormon Melatonin hemmen, sowie emotional aufwühlende Inhalte, die das Einschlafen erschweren.
Globale Sorge um Jugend und Gesundheit
Die Auswirkungen sind keineswegs trivial: Depressive Erkrankungen und Schlafstörungen bei Jugendlichen haben sich in den letzten Jahren zu einem ernstzunehmenden Problem der öffentlichen Gesundheit entwickelt. Laut WHO sind depressive Symptome mittlerweile die kritischste Konsequenz exzessiver Bildschirmzeit. Länder wie Norwegen reagieren bereits rigoros mit Smartphone-Verboten an Schulen, Australien denkt gar über ein Social-Media-Verbot für Jugendliche unter 16 nach.
Mädchen und Jungen: Unterschiedliche Folgen
Die schwedische Studie belegt, dass die Folgen der Bildschirmnutzung durchaus geschlechtsspezifisch sind: Während Mädchen häufiger mit Depressionen kämpfen, entwickeln Jungen vermehrt Symptome wie Konzentrationsstörungen und Impulsivität. „Bei Mädchen wirken sich Schlafdefizite unmittelbar negativ auf das Selbstbild und die emotionale Stabilität aus. Jungen zeigen häufiger nach außen gerichtete Probleme“, erklärt Hökby.
Empfehlungen treffen auf komplexe Realität
Die aktuellen Empfehlungen der schwedischen Gesundheitsbehörden – maximal drei Stunden Freizeit-Bildschirmzeit täglich – erscheinen vor diesem Hintergrund kaum realistisch: 80 Prozent der Jugendlichen überschreiten diese Grenze regelmäßig. Doch trotz aller Erkenntnisse mangelt es oft an wirksamen Gegenmaßnahmen. Die Studie fordert daher nicht nur strengere Regulierungen, sondern auch strukturelle Veränderungen, etwa spätere Schulanfangszeiten. Schon 30 Minuten mehr Schlaf könnten laut Studienergebnissen das Risiko von Depressionen signifikant reduzieren.
Eine gemeinsame Verantwortung
Doch wo endet die Verantwortung von Eltern und beginnt jene des Staates oder gar der Tech-Unternehmen? Experten fordern eine gemeinsame Strategie, die einerseits den Jugendlichen digitale Kompetenzen vermittelt und andererseits Bildschirmzeiten effektiv begrenzt. „Bildschirmzeit ist zu einem gesellschaftlichen Gesundheitsrisiko geworden, das wir nicht länger ignorieren dürfen“, mahnt Hökby.
Über den Autor / die Autorin

- Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.
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