[Portrait] James Webb Space Telescope: Blick zurück in die Kindheit des Kosmos

[Portrait] James Webb Space Telescope: Blick zurück in die Kindheit des Kosmos

Kosmisches Auge: Zu den ersten Bildern, die das JWST lieferte, gehörte 2022 diese Ansicht des  Südlichen Ringnebels im Sternbild Segel des Schiffs.

(Bild: NASA/Public Domain)


Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das teuerste, ehrgeizigste und empfindlichste Auge der Menschheit ins All. Es soll Licht ins früheste Universum werfen, ferne Welten analysieren und den Ursprung des Lebens neu ergründen. Ein Porträt eines Hightech-Pioniers zwischen Sternenstaub und Hoffnung.

James Webb: Das Auge, das tiefer blickt

Es war ein Geschenk an die Menschheit – verpackt in gefaltetes Gold, getragen von Raketenfeuer, entfaltet im Schweigen des Alls. Am ersten Weihnachtstag 2021 hob ein Teleskop ab, das mehr war als nur ein neues Instrument. Es war ein Versprechen. Das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) sollte der Blick in die Kindheit des Kosmos werden – und vielleicht auch ein Spiegel für uns selbst.

Ein Spiegel aus Gold und Geduld

Sein Herz ist ein 6,5 Meter großer Spiegel aus 18 hexagonalen Segmenten, überzogen mit Gold, geformt aus Beryllium. Zusammengefaltet passte er gerade so in die Ariane-5-Rakete, doch einmal im All entfaltete er sich wie eine Weltraumblume. Es dauerte 30 Tage bis zum Lagrange-Punkt L2 – 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Auf diesem kosmischen Parkplatz zwischen den Schwerefeldern von Erde und Sonne begann Webb zu zu beobachten und zu messen.

Die Wissenschaft des Unsichtbaren

Was Webb einzigartig macht, ist sein Blick ins Infrarote – jenem Wellenlängenbereich, den das menschliche Auge nicht sieht, den aber das Universum selbst für seine Erinnerungen nutzt. Die ältesten Galaxien, entstanden kurz nach dem Urknall, senden ihr Licht in diesem Spektrum. Und Webb sieht sie – mit einer Empfindlichkeit, die das Hubble-Teleskop hundertfach übertrifft.

Auch in die Atmosphären ferner Exoplaneten kann Webb schauen, Moleküle wie Wasser, Methan oder Kohlendioxid erkennen – und damit mögliche Hinweise auf Leben, irgendwo da draußen. Die Grenze zwischen Astronomie und Astrobiologie verschwimmt.

Von Pannen, Poesie und Präzision

Doch der Weg zu diesem Meilenstein war steinig. 1996 begann die Entwicklung – als „Next Generation Space Telescope“. Der Start wurde über ein Jahrzehnt verschoben, Folien rissen, Schrauben lösten sich, Kosten explodierten auf knapp zehn Milliarden Dollar. Mehrmals drohte der politische Kahlschlag. Am Ende triumphierte die Wissenschaft. Auch dank eines weltweit vernetzten Teams aus NASA, ESA und CSA – Ingenieurinnen, Optikern, Astrophysikern, Träumerinnen.

Ein Teleskop als Zeitmaschine

Webb zeigt uns, was war, aber auch, was sein könnte. Es hat uralte Galaxien entdeckt, die unsere kosmologischen Modelle infrage stellen. Schwarze Löcher, die ungewohnt früh entstanden. Organische Moleküle zwölf Milliarden Lichtjahre entfernt. Und jedes Bild, das es schickt, ist eine Einladung zum Staunen – über das All, über uns selbst.

Im Kern ist das James-Webb-Teleskop kein technisches Gerät, sondern ein Symbol: für menschliche Neugier, für Geduld und Präzision – und für die unstillbare Sehnsucht, nicht allein im Universum zu sein.

James Webb auf einen Blick

Name:
James Webb Space Telescope (JWST)

Startdatum:
25. Dezember 2021, mit einer Ariane-5-Rakete von Kourou (Französisch-Guayana)

Position im All:
Lagrange-Punkt L2 – ca. 1,5 Mio. km von der Erde entfernt

Hauptspiegel:
6,5 Meter Durchmesser, 18 goldbeschichtete Berylliumsegmente

Blick ins All:
Infrarotbereich von 0,6 bis 28 Mikrometern – ideal für ferne Galaxien, Exoplaneten und Sternentstehung

Mission:
Ursprünge des Universums, Entwicklung von Galaxien, Entstehung von Sternen und Planetensystemen, Suche nach lebensfreundlichen Exoplaneten

Betriebsdauer:
Mindestens 10 Jahre – durch präzise Flugbahn womöglich bis zu 20 Jahre möglich

Kosten:
Rund 9,7 Milliarden US-Dollar – das teuerste unbemannte Wissenschaftsprojekt der Raumfahrt

Partner:
NASA (USA), ESA (Europa), CSA (Kanada)

Über den Autor / die Autorin

H.O. Wireless
H.O. Wireless
Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.

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