Krebs-Früherkennung in 20 Minuten mit Lichtwellen & KI

Krebs-Früherkennung in 20 Minuten mit Lichtwellen & KI

Krebs-Früherkennung ist so etwas wie der heilige Gral der Medizin: sie ist zwar möglich, bisher aber extrem aufwändig, weil bisherige Biosensoren DNA-Spuren von Tumoren kaum erfassen können. Ein Forschungsteam aus Korea hat nun aber einen cleveren Weg gefunden, der die Frühdiagnose diverser Krankheiten revolutionieren könnte.

(Bild: Korea Institute of Material Science/KIMS)


Ein einzelner Tropfen Blut, ein bisschen Licht – und in weniger als einer halben Stunde steht die Diagnose: Forschende am Korea Institute of Materials Science (KIMS) haben ein Analyseverfahren entwickelt, das Tumore nicht nur früher, sondern auch einfacher erkennen kann als bisherige Methoden. Der Clou: Der neue Biosensor braucht keine chemischen Reagenzien, keine langen Analyseprozesse – nur Licht, künstliche Intelligenz und ein bisschen Hightech-Material.

Wenn Licht das Unsichtbare sichtbar macht

Im frühen Stadium einer Krebserkrankung sind Spuren der Krankheit nur schwer nachweisbar. Zwar geben Krebszellen kleine Mengen veränderter DNA ins Blut ab – genauer: methylierte DNA, bei der bestimmte chemische Marker auf die Genaktivität hinweisen. Doch diese Spuren sind so fein, dass herkömmliche Sensoren sie nicht ohne Weiteres erfassen können.

Das Team um Dr. Ho Sang Jung hat genau für dieses Problem eine Lösung gefunden. Mithilfe sogenannter plasmonischer Materialien – die Lichtwellen stark verstärken können – und künstlicher Intelligenz gelang es, die Signale dieser winzigen DNA-Spuren um das Hundertmillionenfache zu verstärken. So konnte der neue Sensor bereits Konzentrationen von 25 Femtogramm pro Milliliter nachweisen – das entspricht etwa einem Fünfundzwanzigtausendstel eines Zuckerkorns in einem einzigen Tropfen Wasser.

Schneller, präziser, günstiger

Doch die Sensitivität ist nur ein Teil des Erfolgs. Auch die Geschwindigkeit und Einfachheit der Methode stechen hervor. Für einen Test reichen 100 Mikroliter Blut – nicht mehr als ein Tropfen. Die Analyse dauert rund 20 Minuten. Komplexe Vorbereitungen entfallen komplett.

Die Forschenden testeten das Verfahren an 60 Blutproben von Patientinnen und Patienten mit Darmkrebs – und erreichten eine Trefferquote von 99 Prozent. Sogar die Unterscheidung zwischen verschiedenen Krankheitsstadien gelang. Das bedeutet: Mit dieser Methode ist nicht nur eine Früherkennung möglich, sondern auch eine präzise Verlaufskontrolle.

Diese Technologie dient als Diagnoseplattform der nächsten Generation – sie erlaubt nicht nur die Früherkennung von Krebs, sondern auch Prognosen und die Überwachung von Therapieverläufen“, sagt Projektleiter Dr. Jung. „Wir planen, sie auf ein breiteres Krankheitsspektrum auszuweiten, darunter Autoimmunerkrankungen und neurologische Störungen.

Ein Sensor für Klinik, Heim und Handtasche

Was die Erfindung so besonders macht: Sie ist nicht auf Großlabore beschränkt. Der Sensor funktioniert ohne aufwendige Chemie, lässt sich miniaturisieren und automatisieren. Das macht ihn attraktiv für Krankenhäuser ebenso wie für Check-up-Zentren, mobile Diagnosesysteme oder sogar Heimtests. Point-of-Care Testing – also Diagnostik direkt am Ort der Behandlung – könnte damit deutlich schneller, günstiger und präziser werden.

Gleichzeitig eignet sich die Technologie hervorragend für die sogenannte Präzisionsmedizin. Denn sie erlaubt es, Therapien frühzeitig anzupassen oder Krankheitsrückfälle rechtzeitig zu erkennen – individuell, schnell und ohne invasive Eingriffe.

Materialforschung trifft Medizin

Der Sensor basiert auf einem neuartigen Materialansatz: Plasmonische Nanostrukturen fangen das Licht ein und konzentrieren es an winzigen Punkten, wo es die DNA-Signale verstärkt. Eine künstliche Intelligenz übernimmt die Auswertung – sie erkennt charakteristische Muster und quantifiziert die Messwerte in Echtzeit. All das geschieht ohne Marker, Farbstoffe oder chemische Modifikationen. Es ist ein Paradebeispiel für das Zusammenspiel von Materialwissenschaft, Medizin und Digitalisierung.

Der Weg in die Praxis

Noch ist das Verfahren ein Laborerfolg. Doch der Weg zur Marktreife ist vorgezeichnet. Die Technik verspricht nicht nur medizinischen Fortschritt, sondern auch gesellschaftlichen: Eine einfache und schnelle Krebsdiagnose könnte Leben retten – besonders in Regionen, wo medizinische Infrastruktur Mangelware ist.

Ob in der Hausarztpraxis oder in der mobilen Diagnostik: Dieser Sensor hat das Potenzial, die Krebsdiagnostik grundlegend zu verändern. Ein Tropfen Blut, ein Lichtimpuls – und die Zukunft beginnt.


Kurzinfo: Früherkennung mit Licht und KI (99 Wörter):

  • Technologie: Optischer Biosensor mit plasmonischen Nanomaterialien
  • Funktion: Erkennung von methylierter DNA – typischer Marker für Krebs
  • Sensitivität: Nachweis ab 25 Femtogramm pro Milliliter
  • Analysezeit: Nur 20 Minuten, keine Vorbehandlung notwendig
  • Testvolumen: 100 Mikroliter Blut
  • Treffsicherheit: 99 Prozent bei Darmkrebspatienten
  • Einsatzorte: Kliniken, Vorsorgezentren, mobile Diagnosesysteme, Heimtests
  • Vorteile: Schnell, günstig, minimalinvasiv
  • Potenzial: Frühdiagnostik, Verlaufsbeobachtung, Präzisionsmedizin
  • Forschungsleitung: Dr. Ho Sang Jung, Korea Institute of Materials Science (KIMS)

Originalpublikation:
„Plasmonic Molecular Entrapment for Label-Free Methylated DNA Detection and Machine-Learning Assisted Quantification“,
in: Advanced Science (9-May-2025)
DOI: 10.1002/advs.202503257

Über den Autor / die Autorin

H.O. Wireless
H.O. Wireless
Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.

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