Das WISPIT-2-System, aufgenommen mit dem Magellan-Teleskop in Chile und dem Large Binocular Telescope in Arizona. Der Protoplanet WISPIT-2b erscheint als violetter Punkt in einer staubfreien Lücke zwischen einem hellen, weißen Staubring um den Stern und einem schwächeren äußeren Ring. Er umkreist den Stern in etwa 56-facher Entfernung zwischen Erde und Sonne.
(Bild: Laird Close, University of Arizona)
Vor 4,5 Milliarden Jahren begann auch unser Sonnensystem als Scheibe aus Gas und Staub, in der winzige Klumpen zu Planeten heranwuchsen. Lange blieb dieser Prozess eine Blackbox – ein Rätsel hinter lichtlosen Schleiern. Nun aber ist Astronomen ein seltener Schnappschuss gelungen: Sie haben erstmals einen heranwachsenden Planeten in einem dunklen Ring einer protoplanetaren Scheibe fotografiert.
Ein Punkt im Ring
Das Team um Laird Close von der University of Arizona und die niederländische Nachwuchsforscherin Richelle van Capelleveen entdeckte den jungen Himmelskörper im System WISPIT-2. Um den sonnenähnlichen Stern legt sich eine vielgliedrige Staub- und Gasscheibe, durchzogen von auffälligen Lücken. In einer dieser Lücken erschien ein winziger Lichtpunkt – der Planet WISPIT-2b, etwa fünfmal so massereich wie Jupiter.
„Dutzende Theoriearbeiten wurden darüber geschrieben, dass diese dunklen Ringe durch Protoplaneten entstehen. Aber niemand hatte bisher einen eindeutigen Nachweis. Jetzt endlich haben wir ihn“ sagt Close. Für die Astronomie sei das ein „großes Ding“.
Technik gegen das Flimmern
Entdeckt wurde der Planet mit dem MagAO-X-System, einem extrem leistungsfähigen Instrument, das am Magellan-Teleskop in Chile montiert ist. Es korrigiert die atmosphärische Unruhe, die Sterne für das menschliche Auge flackern lässt, und schärft so die Bilder. Entscheidend war zudem der Blick in einem speziellen Lichtspektrum: Wasserstoff-Alpha.
„Wenn Planeten wachsen, saugen sie Wasserstoffgas an. Dieses stürzt wie ein kosmischer Wasserfall auf die Oberfläche, heizt sich auf und sendet das charakteristische H-alpha-Signal aus. Genau darauf ist MagAO-X spezialisiert“ erklärt Close.
In zwei Stunden Bildaufnahmen summierte sich der schwache Schimmer schließlich zu einer klaren Signatur: ein Protoplanet, mitten im Wachstum.
Ein zweiter Kandidat
Neben WISPIT-2b fanden die Forschenden Hinweise auf einen weiteren Planeten, genannt CC1. Er dürfte etwa neun Jupitermassen haben und etwas näher an seinem Stern kreisen, auf halber Distanz zwischen Saturn- und Uranusbahn, wenn man es mit unserem Sonnensystem vergleicht. WISPIT-2b dagegen liegt weit außen, auf rund 56 Astronomischen Einheiten – das entspräche einer Position jenseits des Neptun, am Rand des Kuipergürtels.
„Sobald wir das adaptive Optiksystem einschalteten, sprang der Planet förmlich ins Bild. Nach dem Kombinieren der Daten war er nicht mehr zu übersehen“ erinnert sich Close. Für ihn ist es eine der bedeutendsten Entdeckungen seiner Laufbahn.
Ein kosmisches Babybild
Für Gabriel Weible, Doktorand an der University of Arizona, ist die Entdeckung auch eine Zeitreise: „Es ist ein bisschen so, wie Jupiter und Saturn ausgesehen hätten, als sie 5.000 Mal jünger waren. Die Planeten im WISPIT-2-System sind größer und weiter verteilt, aber das Gesamtbild ähnelt unserem Sonnensystem im Entstehen“ sagt er.
Das Foto eines Planeten inmitten eines dunklen Rings hat auch eine symbolische Dimension: Es zeigt, dass dort, wo lange nur Leere vermutet wurde, tatsächlich neue Welten heranwachsen können.
Blick in die kosmische Wiege
Richelle van Capelleveen betont die Seltenheit solcher Aufnahmen: „Um Planeten in ihrer Jugend zu sehen, muss man extrem junge Systeme finden – nur dann sind sie hell genug, um überhaupt sichtbar zu sein. Wäre WISPIT-2 so alt wie unser Sonnensystem, würden wir nichts erkennen, alles wäre zu kalt und dunkel“.
Die Beobachtungen, publiziert in den Astrophysical Journal Letters, sind ein Gemeinschaftswerk: Neben den Magellan-Spiegeln kamen auch das Large Binocular Telescope in Arizona sowie das Very Large Telescope der ESO in Chile zum Einsatz.
Für die Forschenden ist klar: Jedes Bild aus den kosmischen Kinderstuben bringt uns dem Verständnis näher, wie aus Staub Planeten entstehen – und vielleicht irgendwann auch erdähnliche Welten.
Kurzinfo: Protoplaneten-Jäger werden fündig
Fund: Planet WISPIT-2b, rund fünf Jupitermassen
Ort: Protoplanetare Scheibe um den Stern WISPIT-2
Besonderheit: Erstmals Foto eines Planeten in einer dunklen Ringlücke
Technik: MagAO-X (Magellan Adaptive Optics eXtreme) am 6,5-m-Magellan-Teleskop in Chile
Weitere Instrumente: Large Binocular Telescope (Arizona), Very Large Telescope (ESO, Chile)
Nachweis: H-alpha-Strahlung von einströmendem Wasserstoffgas
Zusatzfund: Zweiter Kandidat „CC1“ mit ca. neun Jupitermassen
Bedeutung: Bestätigung, dass Planeten die Lücken in Staubscheiben „pflügen“
Originalpublikation:
Laird M. Close et al.,
Wide Separation Planets in Time (WISPIT): Discovery of a Gap Hα Protoplanet WISPIT 2b with MagAO-X (26-Aug-2025),
in: The Astrophysical Journal Letters
Über den Autor / die Autorin

- Robo-Journalistin Siri Stjärnkikare betreut das Raumfahrt- und Astronomie-Ressort von Phaenomenal.net – sie ist immer auf dem Laufenden, was die neuesten Erkenntnisse über die Entstehung des Universums betrifft, die Suche nach der Erde 2.0 oder die nächste Mond- oder Mars-Mission.
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