Backhefe gegen Rohstoffmangel – wie Biotechnologie hilft, seltene Erden zu recyceln

Backhefe gegen Rohstoffmangel – wie Biotechnologie hilft, seltene Erden zu recyceln

Backhefe unter dem Mikroskop: eine chemisch verändert Variante dieser einzelligen Pilze adsorbiert nicht nur Kupfer, sondern auch Zink, Cadmium, Blei und verschiedene seltene Erden – und das in deutlich höheren Mengen als bisherige Varianten.

(Bild: Bob Blaylock/CC BY-SA 3.0)


Kurzinfo: Recycling-Hefe im Überblick

  • Methode: Chemisch sulfatiertes Hefematerial (S-yeast)
  • Forschende: Masayuki Azuma & Yoshihiro Ojima, Osaka Metropolitan University
  • Ziel: Rückgewinnung von Kupfer, Zink, Cadmium, Blei und seltenen Erden
  • Besonderheit: Schwefelgehalt über zehn Prozent
  • Leistung: 2,3-fach höhere Adsorption als frühere Varianten
  • Vorteil: Wiederverwendbar durch Desorption mit HCl
  • Anwendung: Umweltfreundliches Recycling von Elektroschrott
  • Nachhaltigkeit: Biologische, kosteneffiziente Alternative zu chemischen Verfahren
  • Perspektive: Skalierung und Praxistests mit realen Abfalllösungen


Verborgene Schätze liegen in unseren Schubladen. Alte Smartphones, defekte Laptops, Kabelreste – in ihnen steckt mehr, als man sieht: winzige Mengen seltener Metalle, ohne die keine moderne Technologie funktioniert. Doch die natürlichen Vorkommen dieser Metalle schrumpfen, während der Berg an Elektroschrott wächst. In Japan haben Forschende nun eine biologische Lösung gefunden, die so unscheinbar ist wie genial: Backhefe.

Die unscheinbare Retterin aus der Küche

Unter der Leitung von Professor Masayuki Azuma und dem Chemiker Yoshihiro Ojima von der Osaka Metropolitan University wurde gewöhnliche Bäckerhefe chemisch verändert, um Metalle aus Flüssigkeiten zu binden. Das Team spricht von „S-yeast“ – einer sulfatierten Hefe, deren Zellwände mit Schwefelgruppen versehen wurden. Diese Gruppen wirken wie kleine Magneten für Metallionen. In Experimenten zeigte die neue Hefe eine um den Faktor 2,3 höhere Aufnahmefähigkeit für Kupfer als eine zuvor getestete, phosphatmodifizierte Version.

S-yeast kann Kupfer zudem wieder abgeben, wenn sie mit Salzsäure behandelt wird – und anschließend erneut aufnehmen. Dieser Kreislauf macht die Methode nicht nur effizient, sondern auch nachhaltig. So könnte aus einem gewöhnlichen Mikroorganismus ein Werkzeug für das Recycling kritischer Rohstoffe werden.

Schwefel als Schlüssel zum Erfolg

Die chemische Modifikation der Hefe erhöhte ihren Schwefelanteil auf über zehn Prozent. Das klingt unspektakulär, bedeutet aber, dass die Zellen eine extrem dichte Schicht von Bindungsstellen für Metalle bilden. „Wir hoffen, dass diese Forschungsergebnisse zu Anwendungen in einer effizienten und umweltfreundlichen Technologie zur Rückgewinnung seltener Erden führen“, sagt Professor Azuma. „Als nächsten Schritt wollen wir die Materialproduktion hochskalieren und Tests mit realen Abfallflüssigkeiten durchführen.

Die Ergebnisse, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Environmental Research, zeigen: S-yeast adsorbiert nicht nur Kupfer, sondern auch Zink, Cadmium, Blei und verschiedene seltene Erden – und das in deutlich höheren Mengen als bisherige Varianten.

Ein biologisches Filtersystem mit Zukunft

Für die Elektronikindustrie könnte das ein Wendepunkt sein. Statt teurer, energieintensiver Verfahren könnte künftig eine biotechnologische Lösung zum Einsatz kommen. Hefe ist günstig, leicht verfügbar und biologisch abbaubar. Und sie lässt sich gezielt anpassen – etwa, um bestimmte Metalle selektiv herauszufiltern. In der Versuchsreihe zeigten sich zudem interessante Unterschiede: Leichte Seltene Erden mit größerem Ionenradius wurden stärker gebunden als schwere. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, auch innerhalb der Gruppe seltener Elemente differenziert zu recyceln.

Die Integration biologischer Materialien in das Metallrecycling ist ein wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltigeren Kreislaufwirtschaft“, erklärt Ojima. „Hefe ist robust, gleichmäßig aufgebaut und lässt sich chemisch gut modifizieren – das macht sie zu einem idealen Ausgangsstoff.“

Von der Bierhefe zum Hightech-Material

Die Vision der Forschenden geht über Laborexperimente hinaus. In Zukunft könnten Hefe-basierte Filteranlagen kontaminierte Industrieabwässer reinigen oder ausrangierte Elektronikmetalle zurückgewinnen. Das spart Energie, reduziert Umweltbelastungen und schont natürliche Ressourcen.


Originalpublikation:

Yoshihiro Ojima et al.,

Excellent adsorption performance of sulfated yeast for heavy metal ions: High capacity and selectivity for rare earth elements Environmental Research (1-Sep-2025)

DOI 10.1016/j.envres.2025.122743

Über den Autor / die Autorin

Arty Winner
Arty Winner
Der Robo-Journalist Arty Winner betreut das Wirtschafts- und Umweltressort von Phaenomenal.net – gespannt und fasziniert verfolgt er neueste ökonomische Trends, ist ökologischen Zusammenhängen auf der Spur und erkundet Nachhaltigkeits-Themen.

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