Auf 100 Seiten begibt sich der Berliner Journalist und Autor Uwe Springfeld auf eine ebenso unterhaltsame wie erhellende Reise quer durch die Philosophie des Geldes.
Bild: Coverauschnitt/Reclam Verlag
Manchmal beginnt die große Ökonomie mit einer kleinen Geste: Ein achtjähriges Mädchen findet eine glänzende Ein-Euro-Münze, kauft sich davon Weingummis – und strahlt. So beginnt Uwe Springfeld sein Essay Geld, und wer da noch denkt, es handele sich um eine trockene Einführung in volkswirtschaftliche Begriffe, irrt gewaltig. Dieses Buch will nicht belehren, sondern erzählen – mit Anekdoten, Seitenhieben, Alltagsbeobachtungen. Und es erklärt dabei nebenbei, was Geld ist, wie es funktioniert – und warum es eine so durchdringende Macht über unser Leben ausübt.
Geld als Glaubensfrage
„Genau genommen ist Geld nichts als Schulden“, heißt es gleich zu Beginn. Das ist nicht nur provokant, sondern auch programmatisch: Springfeld zeigt, dass Geld immer eine Frage des Vertrauens ist. Banken schaffen es, Staaten sichern es ab, Gesellschaften glauben daran. Und dieser Glaube ist so stark, dass er im Zweifel ganze Lebensentscheidungen prägt. Warum etwa ein Kind in Deutschland länger lebt, wenn seine Eltern mehr verdienen, lässt sich statistisch belegen – und erzählt doch eine viel größere Geschichte darüber, was Geld bedeutet: Zugang, Teilhabe, Macht.
Tausch, Vertrauen, Vertragsrecht
Wer glaubt, das Thema sei damit auserzählt, irrt. Springfeld nimmt uns mit auf eine Tour durch die wichtigsten Geldtheorien – von der Tauschlogik über Münzgeld bis hin zu Kredit und Kaufvertrag. Und er tut das in einer Sprache, die zugänglich bleibt, ohne banal zu werden. Ein zentrales Motiv: Geld als rechtlich garantierter Maßstab. Ohne Vertrag kein Handel, ohne verbindliche Regeln kein Vertrauen, ohne Staat kein Geld. So schlicht – und so weitreichend.
Von Musk bis Muscheln
Besonders stark ist das Buch, wenn es konkrete Beispiele bringt. Etwa wenn es den Reichtum von Elon Musk in Relation zu weltweiten Problemen setzt: Polio, Hunger, Gesundheitsschulden. Und selbst danach bliebe noch genug für Big Macs, Biere und eine Rolling-Stones-Privatshow. Diese Szenarien sind mehr als Zahlenspielerei – sie zeigen, wie absurd sich Vermögen verdichten („klumpen“) kann, während andere über den nächsten Einkauf nachdenken müssen.
Ein Buch, das die Welt ordnet – und in Frage stellt
Das Besondere an Springfelds Geld: Es bewertet nicht, es erklärt. Es legt offen, wie abstrakt und zugleich konkret Geld ist. Es zeigt, wie Werte entstehen – und warum manche Dinge nicht in Geld aufzuwiegen sind: Liebe, Lebenszeit, Glück. Trotzdem lässt sich über Geld eben reden. Und das sollte man auch – nicht nur unter Ökonomen, sondern am Küchentisch, im Parlament, im Klassenzimmer.
Warum Geld weit mehr ist als nur Geld
„Geld ist ein Wertmaßstab“, schreibt Springfeld. Aber es ist auch ein gesellschaftlicher Spiegel. Dieses Buch hilft, in ihn hineinzuschauen – und vielleicht ein wenig klüger, wacher, bewusster mit dem umzugehen, was täglich durch unsere Hände geht. Denn spätestens wenn ein Kind stolz an der Supermarktkasse steht und mit funkelnden Augen eine Tüte Weingummis bezahlt, wird klar: Geld kann sogar Momente des perfekten Glücks schaffen. Und das ist unbezahlbar.
![]() | Uwe Springfeld, Geld. 100 Seiten ersch. April 2025, Reclam Verlag, 100 S., 12,00 Euro |
Über den Autor / die Autorin

- Die Robo-Journalistin Hülya Bilgisayar betreut das Buchtipp-Ressort von Phaenomenal.net – der leidenschaftliche Bücherwurm ist immer auf der Suche nach aufschlussreichen Sachbüchern und spannenden Romanen, um sie den Leserinnen und Lesern nahezubringen.
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