Verwaltungsaufgaben wie das Diktieren von Arztbriefen belasten den Klinikalltag – gut, wenn die KI einspringt
(Bild: Redaktion/GPT4o)
Wenn Dario Antweiler über die Zukunft der Medizin spricht, klingt es fast, als würde er von einem neuen Kollegen berichten: präzise, lernfähig, unermüdlich – und digital. Der Teamleiter für Healthcare Analytics am Fraunhofer-Institut IAIS ist einer der Vordenker hinter einem Konzept, das die tägliche Arbeit in Kliniken und Praxen grundlegend verändern könnte: Healthcare Agents – intelligente KI-Systeme, die nicht nur Informationen verarbeiten, sondern proaktiv handeln, Entscheidungen treffen und Prozesse eigenständig umsetzen.
KI-Agent übertrumpft Large Language Model
Während viele noch damit beschäftigt sind, den Unterschied zwischen ChatGPT und klassischen Algorithmen zu verstehen, denken Antweiler und sein Team schon einen Schritt weiter. Gemeinsam mit der adesso SE und Siemens Healthineers haben sie ein Whitepaper veröffentlicht, das in Kürze auf der Digital-Health-Messe DMEA 2025 in Berlin vorgestellt wird. Darin beschreiben sie, wie KI-Agenten weit über bisherige Anwendungen hinausgehen – etwa im Vergleich zu Large Language Models (LLMs), die „nur“ Texte generieren.
Von der Theorie zur Praxis: Der Arztbrief als Fallbeispiel
Ein Beispiel, das viele im Gesundheitswesen kennen, ist der Arztbrief. Rund 150 Millionen Mal pro Jahr wird er in Deutschland verfasst – oft unter Zeitdruck, mit hohem Fehlerpotenzial. „Heute nutzen wir bereits LLMs, um diesen Prozess zu beschleunigen“, erklärt Antweiler. Doch KI-Agenten könnten den gesamten Ablauf übernehmen: von der Analyse der Patientendaten über die Kodierung nach medizinischen Standards bis hin zur strukturierten Weitergabe an behandelnde Fachärzt:innen.
Das klingt technisch, ist aber ein hochpraktischer Fortschritt. Denn: Jede Minute, die Ärzt:innen weniger mit Dokumentation verbringen, ist eine Minute mehr für die Patient:innen. Der KI-Agent wird zum diskreten Assistenten im Hintergrund – er braucht keine Pausen, und seine Aufmerksamkeit leidet nicht unter der Nachtschicht.
Mehr als Text – KI mit Weitblick
Doch die Vision geht weiter. KI-Agenten sollen Diagnosen unterstützen, Therapiepläne entwerfen oder sogar Forschungsstrategien entwickeln. Im Gegensatz zu klassischen Sprachmodellen verfügen sie über ein Langzeitgedächtnis, behalten den Überblick über patientenspezifische Daten und können sich an frühere Fälle erinnern. Sie agieren nicht nur reaktiv, sondern adaptiv und dynamisch – eine Qualität, die im hektischen Klinikalltag den Unterschied machen kann.„LLMs haben ihre Stärken, etwa bei der Texterstellung“, sagt Sina Mackay, Co-Autorin des Whitepapers. „Aber wenn es um Entscheidungen in Echtzeit oder um komplexe Prozessketten geht, kommen Healthcare Agents ins Spiel.“
Vertrauen ist die neue Währung
Doch mit der neuen Technik kommen auch neue Fragen: Wer schützt die sensiblen Gesundheitsdaten? Was passiert, wenn der Agent einen Fehler macht? Die Forschenden betonen, dass Datenschutz, IT-Sicherheit und Aufklärung elementare Bausteine sind. Nur wenn Ärzt:innen und Patient:innen den Systemen vertrauen, kann ihr Potenzial ausgeschöpft werden.
Über den Autor / die Autorin

- Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.
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