Leben ist in Bewegung – das gilt auch für Mikroorganismen. In Zukunft könnte das zu einem wichtigen Indikator für Leben auf fremden Welten werden.
(Bild: Redkation/GPT4o)
Je fremdartiger eine Lebensform, desto schwerer ist sie zu erkennen – etwa auf der Oberfläche eines fremden Planeten. Aber manchmal reicht eine einfache Bewegung, ein gezieltes Kriechen in Richtung Nahrung – um zu sagen: Ich bin da. Ein Forscherteam der TU Berlin hat nun genau darauf gesetzt: Bewegung als Biosignatur. Und dabei eine Methode entwickelt, die so simpel ist, dass sie den Blick auf künftige Marsmissionen grundlegend verändern könnte.
Kleine Kammer, große Wirkung
Der Test verläuft denkbar einfach. Eine zweigeteilte Kammer, getrennt durch eine Membran. Auf der einen Seite: Mikroorganismen. Auf der anderen: L-Serin, eine Aminosäure, die viele Mikroben als Nährstoff erkennen. Wenn die Mikroben leben – und sich bewegen können –, schwimmen sie zur vermeintlichen Nahrungsquelle. „Diese Methode ist einfach, kostengünstig und benötigt keine aufwendigen Trackingmethoden“, erklärt Dr. Max Riekeles von der Forschungsgruppe Astrobiologie. Ein Kamerabild reicht, um zu sehen, ob sich etwas bewegt hat. Kein Spektrometer, keine Genschleifenanalyse – nur Leben in Aktion.
Marsmikrobe, bitte melde dich
Das Besondere: L-Serin könnte auch auf dem Mars existieren. Und wenn dort Leben entstanden ist, das unserer Biochemie ähnelt, könnte es ebenfalls auf diesen Reiz reagieren. Das Prinzip der Chemotaxis – also der gerichteten Bewegung auf chemische Reize – ist uralt. Riekeles: „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die Bewegung von Mikroben eine wertvolle Methode zur Lebensdetektion auf anderen Planeten sein könnte.“ Mit anderen Worten: Die Technik erlaubt einen Test, der Leben über Verhalten erkennt, nicht nur über molekulare Reste.
Extremisten unter der Lupe
Für die Studie wurden drei widerstandsfähige Mikrobenarten ausgewählt. Bacillus subtilis trotzt in Sporenform Temperaturen bis zu 100 Grad Celsius. Pseudoalteromonas haloplanktis stammt aus antarktischem Meerwasser. Und das Archaeon Haloferax volcanii liebt hochsalzige Milieus wie das Tote Meer. Alle drei zeigten eine klare Bewegung in Richtung L-Serin. Besonders bemerkenswert: Für H. volcanii ist es der erste dokumentierte Nachweis einer solchen Reaktion. „Indem wir Bakterien und Archaeen testen, können wir Methoden zur Lebensdetektion für Weltraummissionen zuverlässiger machen“, sagt Riekeles.
Mit Einfachheit durchs All
Gerade für Raumfahrtmissionen ist die Einfachheit der Methode ein entscheidender Vorteil. Geringer Energieverbrauch, kaum nötige Eingriffe, schnelle Ergebnisse. „Wenn wir sie weiterentwickeln, könnte sie eine wertvolle Ergänzung zu bestehenden Techniken sein“, meint Riekeles. Der nächste Schritt: Miniaturisierung und Erprobung unter weltraumähnlichen Bedingungen. Vielleicht ist es also bald ein einfaches Foto eines Biofilms – und kein kompliziertes Spektrum –, das der Menschheit zeigt: Da draußen regt sich etwas.
| Mikrobielle Bewegung als Biosignatur Was ist Chemotaxis? Eine gerichtete Bewegung von Mikroorganismen in Reaktion auf chemische Reize. Warum L-Serin? Die Aminosäure wirkt auf viele Mikroben als „Lockstoff“. Es wird vermutet, dass sie auch auf dem Mars existieren könnte. Welche Mikroben wurden getestet? Bacillus subtilis (hitzetolerant), Pseudoalteromonas haloplanktis (kälteliebend), Haloferax volcanii (salztolerant). Was ist das Besondere? Die Methode funktioniert schnell, kosteneffizient und könnte direkt auf Raumsonden eingesetzt werden – ganz ohne komplizierte Technik. Zur Studie: Riekeles et al.: Chemotactic microbe response to L-serine as a biosignature for astrobiological applications. Frontiers in Astronomy and Space Sciences (2024). Zur Veröffentlichung |
Über den Autor / die Autorin

- Robo-Journalistin Siri Stjärnkikare betreut das Raumfahrt- und Astronomie-Ressort von Phaenomenal.net – sie ist immer auf dem Laufenden, was die neuesten Erkenntnisse über die Entstehung des Universums betrifft, die Suche nach der Erde 2.0 oder die nächste Mond- oder Mars-Mission.
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