Kosmisches Signal aus dem frühen Universum

Kosmisches Signal aus dem frühen Universum

„Es werde Licht“: auch die Schöpfungsgeschichte des heute bekannten Weltalls mit seinen unzähligen Galaxien begann damit, das die ersten Sterne aufleuchteten. Forschenden gelang nun ein Blick zurück in diese Zeit. (Bild: Redaktion/PiPaPu)


In der tiefsten Finsternis, lange bevor sich Galaxien bildeten oder Sonnen aufleuchteten, sendete das Universum ein schwaches, aber entscheidendes Signal. Es war das Flüstern der Wasserstoffatome, das durch die Leere hallte – ein Radiogruscheln aus einer Zeit, als das All kaum hundert Millionen Jahre alt war. Jetzt wollen Forschende genau diesem Signal lauschen, um herauszufinden, wie die ersten Sterne entstanden – und wie sie das dunkle Weltall zum Strahlen brachten.

Der Klang des kosmischen Morgens

Im Zentrum dieser neuen Studie, veröffentlicht in Nature Astronomy, steht das sogenannte 21-Zentimeter-Signal – ein schwaches Echo neutraler Wasserstoffatome aus der Frühphase des Kosmos. Dieses Signal wurde durch die Strahlung der ersten Sterne und Schwarzen Löcher verändert und gibt so Hinweise auf deren Eigenschaften.

Dies ist eine einzigartige Gelegenheit, zu lernen, wie das erste Licht des Universums aus der Dunkelheit hervorgegangen ist“, sagt Professorin Anastasia Fialkov vom Institute of Astronomy in Cambridge. „Der Übergang von einem kalten, dunklen Universum zu einem voller Sterne ist eine Geschichte, die wir gerade erst zu verstehen beginnen.

REACH und SKA: Hörrohre ins frühe All

Die Suche nach dem 21-Zentimeter-Signal ist technisch anspruchsvoll – herkömmliche Teleskope wie das James-Webb-Weltraumteleskop sind dafür nicht geeignet. Statt sichtbares Licht brauchen Forschende spezialisierte Radioteleskope. Zwei besonders ambitionierte Projekte spielen dabei eine Schlüsselrolle: REACH, eine einzelne Antenne in Südafrika, und das im Bau befindliche Square Kilometre Array (SKA), das eines der größten Radioteleskope der Welt werden soll.

Beide Anlagen liefern keine Bilder einzelner Sterne, sondern erfassen großflächige Schwankungen im Radiospektrum. Auf diese Weise sollen sie Informationen über ganze Sternpopulationen und deren Zusammensetzung liefern. Besonders im Fokus: die sogenannten Population-III-Sterne – die ersten Sterne überhaupt, noch rein aus Wasserstoff und Helium gebildet.

Masse macht Musik: Was das Signal verrät

Die neue Studie zeigt erstmals, wie stark das 21-Zentimeter-Signal mit der Masse dieser Ursterne zusammenhängt. Das Team um Fialkov entwickelte ein theoretisches Modell, das auch die Rolle von Röntgen-Doppelsternen einbezieht – Systeme aus einem normalen Stern und einem kollabierten Objekt wie einem Neutronenstern oder Schwarzen Loch, die in der Frühzeit besonders häufig gewesen sein könnten.

Wir sind die erste Gruppe, die die Abhängigkeit des 21-Zentimeter-Signals von der Masse der ersten Sterne systematisch modelliert hat – inklusive der Einflüsse von UV-Licht und Röntgenstrahlung aus diesen frühen Binärsystemen“, erklärt Fialkov. „Unsere Erkenntnisse beruhen auf Simulationen, die die primordialen Bedingungen des Universums berücksichtigen – etwa die Wasserstoff-Helium-Zusammensetzung nach dem Urknall.

Simulation statt Sternenstaub

Die Forschenden zeigten: Frühere Studien hatten die Bedeutung dieser Röntgenquellen unterschätzt. Dadurch war auch die Verbindung zwischen Sternmasse und Radiosignal bislang unklar geblieben. Nun ist klar: Je massereicher die ersten Sterne, desto stärker ihr Einfluss auf das Signal. Die Folge sind spezifische Veränderungen im 21-Zentimeter-Bereich – ein „Fingerabdruck“, den REACH und SKA künftig lesen sollen.

Die Vorhersagen, die wir treffen, haben große Bedeutung für unser Verständnis der allerersten Sterne im Universum“, sagt Dr. Eloy de Lera Acedo, Hauptverantwortlicher des REACH-Teleskops. „Unsere Studie zeigt, dass Radioteleskope uns etwas über die Masse dieser frühen Lichtquellen verraten können – und dass sie womöglich ganz anders waren als heutige Sterne.

Ein kosmischer Kompass für zukünftige Teleskope

Auch wenn REACH derzeit noch kalibriert wird, liefern diese theoretischen Erkenntnisse schon jetzt wertvolle Leitlinien. Denn die Analyse der Frühgeschichte des Universums ist wie eine Art Archäologie des Raums – man muss aus den feinen Spuren im insterstellaren Gewebe auf Ereignisse vor Milliarden Jahren schließen.

Radioteleskope wie REACH versprechen, die Geheimnisse des jungen Universums zu lüften – und unsere Vorhersagen sind essenziell, um die richtigen Fragen an die Daten zu stellen“, sagt de Lera Acedo.

Am Ende ist es die Mischung aus modernster Technik, theoretischer Physik und kluger Modellierung, die das älteste Licht des Kosmos ein wenig heller macht. Und uns vielleicht bald zeigt, wie das erste kosmische Leuchten entstand.


Infokasten: Erste Sterne und das 21-Zentimeter-Signal

  • Cosmic Dawn: Zeitraum rund 100 Mio. Jahre nach dem Urknall, in dem die ersten Sterne entstanden.
  • 21-Zentimeter-Signal: Schwache Radiowelle neutraler Wasserstoffatome – Schlüssel zur Frühgeschichte des Universums.
  • Population III: Hypothetische erste Sterngeneration – massereich, kurzlebig, metallfrei.
  • REACH: Radioteleskop in Südafrika zur Analyse kosmischen Wasserstoffs; aktuell in Kalibrierung.
  • SKA: Künftiges Mega-Radioteleskop mit Tausenden Antennen; wird Signale aus dem frühen All kartieren.
  • Neues Modell: Berücksichtigt erstmals Röntgenquellen und Sternmassen als Signalverstärker.
  • Ziel: Rückschlüsse auf die Masse und Leuchtkraft der ersten Sterne durch statistische Analyse.
  • Herausforderung: Kein direktes Bild, sondern Entschlüsselung schwacher, statistischer Signale.
  • Bedeutung: Neue Perspektive auf Sternentstehung, Kosmologie – und unseren eigenen Ursprung im Universum.

Originalpublikation:

T. Gessey-Jones et al.,

Determination of the mass distribution of the first stars from the 21-cm signal,
in: Nature Astronomy (20-June-2025)

DOI: 10.1038/s41550-025-02575-x//

Über den Autor / die Autorin

H.O. Wireless
H.O. Wireless
Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.

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