In Deutschlands Haushalten wächst der Plastikmüll unaufhörlich. Während 1994 noch 2,1 Millionen Tonnen Kunststoffabfall anfielen, waren es 2023 bereits 5,6 Millionen Tonnen. Vieles davon landet in Müllverbrennungsanlagen, da das Recycling dieser bunten Mischung schwierig ist. Ein Team von Wissenschaftlern fand nun einen besseren Weg: Sie verwandeln den Verpackungsmüll in Filamente für 3D-Drucker.
Ein zweites Leben für Plastik
Kunststoffverpackungen bestehen oft aus unterschiedlichen Materialien, sind verschmutzt und schwer wiederzuverwerten. Während Industrieabfälle vergleichsweise einfach recycelt werden können, sind sogenannte Post-Consumer-Abfälle eine Herausforderung. Doch die Hochschule Bremen und das Fraunhofer IFAM haben sich genau dieser Aufgabe gestellt. „Unser Ziel ist es, auch schwer verwertbare Kunststoffabfälle aus Privathaushalten aufzubereiten und in der additiven Fertigung zu nutzen“, erklärt Dr. Silke Eckardt von der Hochschule Bremen. Das bedeutet: Müll, der bislang eher verbrannt als recycelt wurde, soll als wertvoller Rohstoff eine zweite Chance erhalten.
Vom Abfall zum Filament
Der Weg von der Joghurtbecher-Verpackung zum 3D-Drucker-Filament ist jedoch ziemlich komplex. Zunächst werden die gesammelten Kunststoffe in einer Sortieranlage getrennt. Dabei setzen die Forscher gezielt auf Abfälle aus Polypropylen, einen vielfältig einsetzbaren Kunststoff. Um eine Reinheit von über 99,8 Prozent zu erreichen, wird der Müll gewaschen, zerkleinert und durch moderne Trennverfahren von Fremdstoffen befreit.
„Erst dann beginnt die eigentliche Magie“, erklärt Dr. Dirk Godlinski vom Fraunhofer IFAM. Die gereinigten Kunststoffpartikel werden in einem Industrieextruder zu einem festen Strang geformt. Entscheidend dabei: Temperatur, Druck und Geschwindigkeit müssen perfekt abgestimmt sein, damit ein homogenes, langlebiges Filament entsteht.
Und es funktioniert. Der graue Kunststoffstrang aus Rezyklat lässt sich direkt in 3D-Druckern verwenden. Erste Prototypen, darunter Kappen für industrielle Anwendungen, wurden bereits erfolgreich gedruckt.
Mehr Recycling, weniger Erdöl
Das Projekt zeigt, dass Kreislaufwirtschaft kein theoretisches Konzept ist, sondern gelebte Praxis sein kann. Gerade vor dem Hintergrund der EU-Vorgaben, die eine steigende Rezyklatquote fordern, wird die Nachfrage nach solchen Lösungen in Zukunft wachsen. Denn mit jedem wiederverwerteten Kilo Kunststoff sinkt der Bedarf an neuem Erdöl – und damit auch der CO2-Ausstoß.
Für Silke Eckardt steht deswegen fest: „Wir müssen Recycling attraktiver machen.“ Mit der Idee, aus weggeworfenem Plastik Bauteile für die Zukunft zu erschaffen, dürfte dieser Ansatz wohl schon mal funktionieren.
Über den Autor / die Autorin

- Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.
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