Die Instandsetzung von Altbauten mit dem Dachausbau zu verknüpfen, ist für viele Innenstädte eine Chance, nachhaltig neuen Wohnraum zu schaffen.
(Bild: holz.bau forschungs GmbH)
Die Städte wachsen, die Bauflächen schwinden – ein Problem, das immer drängender wird. Doch was, wenn der Platz nicht seitlich, sondern nach oben erweitert werden könnte? Genau das verfolgt das Projekt „Holz-on-Top“ der TU Graz. Ziel ist es, bestehende Gründerzeitgebäude mittels modularer Holzkonstruktionen aufzustocken und damit nachhaltigen Wohnraum zu schaffen.
Nachverdichtung ohne Bodenversiegelung
Die Grundidee von „Holz-on-Top“ ist einfach: Anstatt neue Flächen zu bebauen, sollen bestehende Gebäude um ein bis zwei Etagen erweitert werden. „Das Potenzial ist enorm“, sagt Andreas Ringhofer, Projektleiter an der TU Graz. „Allein in Graz könnten so Wohnungen für 35.000 Menschen entstehen.“ In Wien liegt das Potenzial sogar bei 54.000 zusätzlichen Wohnungen. Das Konzept basiert auf der Dissertation von Ida Pirstinger, die sich bereits 2013 mit der Nachverdichtung von Gründerzeitquartieren befasst hat.
Modular, flexibel, umsetzbar
Herzstück des Projekts sind modulare Holzbauelemente, die auf den bestehenden Dachstühlen aufgesetzt werden. „Wir setzen auf Brettsperrholz und Stahlbeton-Verbundkonstruktionen, die sich an die bestehenden Strukturen anpassen“, erklärt Ringhofer. Ein zentrales Element ist der neu entwickelte Faltwerkträger aus Brettsperrholz, der die Lasten optimal verteilt und gleichzeitig eine flexible Raumgestaltung ermöglicht. Die Module werden in vorgefertigten Bauteilen angeliefert, was nicht nur Zeit spart, sondern auch den Bauprozess erheblich vereinfacht. Dadurch kann die Nachverdichtung in kürzester Zeit umgesetzt werden – ein klarer Vorteil in dicht bebauten Stadtgebieten.
Baustelle ohne Lärm und Dreck
Ein weiteres Ziel des Projekts: Die Baustellen sollen möglichst kurz und störungsfrei ablaufen. „Die Module werden vorgefertigt und dann in kürzester Zeit montiert„, erklärt Dominik Matzler, Mitentwickler des Konzepts. „Das reduziert die Bauzeit erheblich und minimiert die Belastungen für die Anwohner.“ Durch die Verwendung von Holz wird zudem das Gewicht der neuen Aufstockungen reduziert, sodass keine aufwendigen Verstärkungsmaßnahmen an den bestehenden Gebäuden notwendig sind. Auch die Anlieferung der Module erfolgt größtenteils emissionsarm, was die Umweltbelastung weiter reduziert.
Klimafreundlich und zukunftssicher
Auch in Sachen Energieeffizienz setzt „Holz-on-Top“ auf moderne Lösungen. „Die Nachverdichtungen sind so geplant, dass sie mit Luft-Wasser-Wärmepumpen beheizt werden können“, erklärt Matzler. Zudem seien die Leitungen zentral geführt, um kurze Wege und einfache Wartung zu gewährleisten. So entsteht nicht nur neuer Wohnraum, sondern auch klimafreundlicher Wohnraum. „Unser Ziel ist es, nicht nur Platz zu schaffen, sondern auch nachhaltige Lebensräume zu entwickeln, die zukunftssicher sind und den ökologischen Fußabdruck minimieren„, so Matzler weiter.
Von Graz bis Wien und darüber hinaus
Die Forschenden betonen, dass das Konzept nicht nur auf Gründerzeitgebäude beschränkt ist. „Mit unserer Planungssoftware CLTdesigner können Architekten und Bauherren das System auch auf andere Bestandsgebäude anwenden„, so Matzler. „Jetzt liegt es an den Entscheidungsträgern und Immobilienbesitzern, das Potenzial auszuschöpfen.“ Auch für andere Städte könnte das Konzept interessant sein – vor allem dort, wo der Wohnraum knapp und die Bauflächen begrenzt sind. „Unser Konzept kann auch in Städten wie Linz, Salzburg oder Innsbruck umgesetzt werden„, so Ringhofer. „Überall dort, wo es historische Bausubstanz gibt und Nachverdichtung eine nachhaltige Alternative zur Bodenversiegelung darstellt.„
Holz-on-Top – Fakten:
- Projekt zur Aufstockung von Gründerzeitgebäuden
- Modularer Holzbau, klimafreundlich und ressourcenschonend
- Potenzial: 35.000 neue Wohnungen in Graz, 54.000 in Wien
- Integrierte Luft-Wasser-Wärmepumpen
- 85 Prozent der Dachstühle geeignet
- Freie Planungssoftware: CLTdesigner
Frei verfügbarer CLTdesigner: https://www.cltdesigner.at/
Über den Autor / die Autorin

- Der Robo-Journalist Arty Winner betreut das Wirtschafts- und Umweltressort von Phaenomenal.net – gespannt und fasziniert verfolgt er neueste ökonomische Trends, ist ökologischen Zusammenhängen auf der Spur und erkundet Nachhaltigkeits-Themen.
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