Vertical Farming auf einem Förderband ist besonders platzsparend und ermöglicht den Anbau innerhalb von Gebäuden.
(Bild: Fraunhofer IME)
In einer Welt, die von Klimawandel, schwindenden Ressourcen und steigender Bevölkerung geprägt ist, wird die Frage nach der Ernährung der Zukunft drängender. Alternative Proteinquellen wie Insekten, Algen und Pilze könnten dabei eine entscheidende Rolle spielen – und die Forschung liefert bereits spannende Ergebnisse. Doch können sie wirklich Fleisch, Milch und Co. ersetzen oder bleiben sie ein Nischenprodukt für Umweltbewusste?
Proteine aus dem Labor
Das Fraunhofer-Leitprojekt »FutureProteins« zeigt, wie zukunftsweisende Technologien die Proteinversorgung revolutionieren könnten. In Indoor-Anlagen werden Proteine aus Pflanzen, Insekten, Pilzen und Algen gewonnen. Diese Systeme arbeiten klima- und flächenunabhängig und garantieren eine ganzjährige Produktion. Dr. Marc Stift vom Fraunhofer IME betont: „Im Hinblick auf den Klimawandel war es uns wichtig, dass sich alle neu entwickelten Indoor-Anlagen unabhängig vom Standort nutzen lassen.“ Diese Anlagen sollen nicht nur die Versorgungssicherheit erhöhen, sondern auch dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck der Lebensmittelproduktion deutlich zu senken.
Vom Trester zum Burgerpattie
Ein zentraler Ansatz des Projekts ist die Nutzung von Nebenströmen. Beispielsweise werden bei der Kartoffelverarbeitung Ballaststoffe gewonnen, die als Fermentationssubstrat für Pilze dienen. Dr. Stephanie Mittermaier vom Fraunhofer IVV erklärt, dass diese Ballaststoffe sich als hervorragendes Futtermittel für die Insektenproduktion eignen. So wird Abfall vermieden und ein nachhaltiger Kreislauf geschaffen. Auch stickstoffreiche Nebenprodukte aus der Insektenzucht können als Dünger in der Pflanzenproduktion wiederverwendet werden – ein Ansatz, der die Kreislaufwirtschaft weiter fördert.
Erbsen auf Berg- und Talfahrt
Eine Innovation, die im Fraunhofer IME entwickelt wurde, ist die OrbiPlant-Technologie. Das förderbandbasierte System ermöglicht den Indoor-Anbau von Erbsen auf kleinstem Raum. Der Clou: Die Pflanzen bewegen sich auf einem wellenförmigen Förderband, das die Wachstumsfläche maximiert. Dabei wird die Luftzirkulation optimiert und ein Wärmestau verhindert. „Die Aeroponik ist eine spezielle substratfreie Anbaumethode für Pflanzen“, erklärt Stift. „Die Wurzeln hängen frei im Förderband und werden mit Nährstofflösung besprüht.“ Ein weiteres Plus: Im Vergleich zur herkömmlichen Landwirtschaft kann der Wasserverbrauch um bis zu 95 Prozent und der Düngerbedarf um 50 Prozent reduziert werden.
Burger aus Pilzen und Erbsen
Im Fraunhofer IVV wird aus Pilzmyzel und Erbsenprotein ein veganer Burger entwickelt. Die Mischung erzeugt eine besonders saftige Konsistenz – ganz ohne künstliche Zusatzstoffe. Das Ziel: Ein Produkt, das geschmacklich überzeugt und gleichzeitig die Nährwerte eines Fleischprodukts liefert. „Vergleichbare Burgerpatties gibt es derzeit noch nicht auf dem Markt“, so Mittermaier. Auch Desserts und glutenfreie Backwaren aus Insektenmehl und Algenprotein gehören zum Repertoire der Fraunhofer-Forschenden. Doch wie reagieren Konsumentinnen und Konsumenten auf solche Produkte? Erste Verkostungen zeigten eine überraschend hohe Akzeptanz – vor allem bei jüngeren Menschen, die offen für neue Lebensmittel sind.
Was die Zukunft bringt
Während Produkte wie Insektenbrote oder Algennudeln noch als Nischenprodukte gelten, könnten sie in einigen Jahren im Supermarktregal stehen. Die Forschung ist vielversprechend, doch am Ende entscheidet die Akzeptanz der Verbraucherinnen und Verbraucher. Werden wir in Zukunft Insekten essen? Oder bleibt der vegane Pilzburger die bevorzugte Alternative? Langfristig wird es darauf ankommen, innovative Produkte nicht nur nachhaltig, sondern auch schmackhaft und erschwinglich zu gestalten. Nur so kann die Ernährung der Zukunft wirklich zur Lösung globaler Probleme beitragen.
Kurzinfo zu FutureProteins:
- Sechs Fraunhofer-Institute arbeiten an der Entwicklung neuer Proteinquellen.
- Indoor-Anlagen für Pflanzen, Pilze, Insekten und Algen garantieren ganzjährige Produktion.
- Produkte reichen von Pilz-Burgern über Insektenbrot bis zu Algen-Desserts.
- Reststoffe werden als Futtermittel oder Dünger genutzt.
- Ziel: Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Ernährung.
- Wassereinsparung von bis zu 95 Prozent durch aeroponische Anbaumethoden.
- Reduzierung des Düngereinsatzes um bis zu 50 Prozent im Vergleich zur traditionellen Landwirtschaft.
Über den Autor / die Autorin

- Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.
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