Mensch & Robo-Kollege trainieren gemeinsam im VR-Labor

Mensch & Robo-Kollege trainieren gemeinsam im VR-Labor

Blick in das VR Co Lab der Universität von Georgia: der menschliche Avatar steht vor einem Arbeitstisch, an dem als Co-Bot ein Roboterarm positioniert ist.

(Bild: University of Georgia)


In der Recyclingbranche werden Roboter immer wichtiger. Sie schrauben, sortieren, zerlegen und entlasten so das menschliche Personal bei kräftezehrenden und diffizilen Aufgaben. Doch bevor Mensch und Maschine reibungslos zusammenspielen können, braucht es Training. Und genau hier setzt ein Forschungsteam der University of Georgia (UGA) an: mit Virtual Reality.

Wenn Demontage zur Herausforderung wird

Wer schon einmal versucht hat, ein altes Smartphone oder einen DVD-Player in seine Einzelteile zu zerlegen, weiß: Das ist oft schwieriger als gedacht. Während Montageprozesse standardisiert sind, verläuft die Demontage deutlich weniger planbar.

Im Gegensatz zur Montage, die einem sehr standardisierten Ablauf folgt, ist das Zerlegen deutlich komplizierter“, sagt Beiwen Li, Professor am College of Engineering der UGA. „Es funktioniert nicht unbedingt gut, wenn wir einfach die Montage in umgekehrter Reihenfolge durchlaufen.

Gerade in der Elektroschrottverwertung ist das ein Problem. Denn viele Materialien lassen sich nur dann wiederverwenden, wenn sie unbeschädigt ausgebaut werden. Gleichzeitig drohen Verletzungen – etwa durch Kollisionen mit dem Roboterarm.

Trainieren ohne Risiko

Mit ihrer Plattform „VR Co-Lab“ schaffen die Forschenden einen virtuellen Raum, in dem Menschen gefahrlos den Umgang mit Robotern trainieren können. In der Simulation zerlegen die Nutzenden ein Festplattenlaufwerk – mit Hilfe eines digitalen Roboterarms. Während der Mensch kleine Schrauben entfernt, übernimmt der Roboter die groben Teile.

Das Programm misst nicht nur die benötigte Zeit, sondern registriert auch Fehler. Wer etwas falsch macht, erhält unmittelbares Feedback. So wird Lernen effizienter – und sicherer.

Es gibt eine Vielzahl an Aufgaben. Das erfordert normalerweise ein sehr komplexes Training für die Mitarbeitenden“, erklärt Li. „Ein VR-System kann dabei helfen, die Trainingsdauer deutlich zu verkürzen. Es ist viel einfacher, als seitenweise Textdokumente zu lesen.

Bewegung verstehen, Kollisionen vermeiden

Ein Schlüsselelement des Systems ist die Körpererkennung. Über die Kameras des Meta Quest Pro werden Arm-, Schulter- und Oberkörperbewegungen erfasst. So kann die Software die Bewegungen des Roboters dynamisch anpassen und Kollisionen vermeiden.

Außerdem lernt das System dazu: Es erkennt, wie schnell ein Mensch arbeitet, und passt das Arbeitstempo des Roboters an. Das verhindert Überforderung und verbessert die Ergonomie am Arbeitsplatz. Gleichzeitig sensibilisiert das Training für Risiken wie Klemmen oder Quetschungen, ohne reale Gefahr.

Vorbereitung auf die Praxis

Der virtuelle Arbeitsplatz bildet realistische Szenarien ab: Werkzeuge, Maschinen und Abläufe orientieren sich an echten Produktionsumgebungen. Auch Koordination und Rollenverteilung zwischen Mensch und Roboter werden geübt. Was in der VR funktioniert, soll sich später eins zu eins auf den echten Arbeitsplatz übertragen lassen.

Langfristig will das Team um Beiwen Li den Simulator auch für andere Aufgaben und Zielgruppen erweitern. Geplant sind umfangreiche Tests mit Nutzenden unterschiedlicher Erfahrungsstufen. Denn gerade in einer Branche mit Fachkräftemangel kann jede Stunde eingesparter Schulungszeit entscheidend sein.

Roboter werden in Zukunft eine zentrale Rolle in der Recyclingindustrie spielen, weil sie viele Schritte der Demontage automatisch übernehmen können. Das hilft, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken“, sagt Li. „Da das Zerlegen so komplex ist, braucht es ein gutes Zusammenspiel von Mensch und Maschine. Genau das war unsere Motivation bei der Entwicklung des VR-Trainingssystems.

Eine Plattform mit Potenzial

Veröffentlicht wurde die Studie im Fachjournal Machines, gefördert von der National Science Foundation. Neben dem UGA-Team waren Forschende der Iowa State University und der Texas A&M University beteiligt. Das „VR Co-Lab“ könnte sich schnell als Schlüsseltechnologie etablieren – nicht nur im Recycling, sondern überall dort, wo Mensch und Roboter sich ergänzen sollen. Denn die wichtigste Erkenntnis des Projekts lautet: Gute Zusammenarbeit beginnt mit gutem Training.


Kurzinfo: Was „VR Co-Lab“ kann

  • Ziel: effizientere Schulung für Mensch-Roboter-Zusammenarbeit
  • Anwendungsszenario: Demontage von Elektroschrott
  • Funktionen: VR-Simulation, Feedbacksystem, Körpertracking
  • Hardware: Meta Quest Pro mit Bewegungserkennung
  • Vorteile: geringeres Verletzungsrisiko, verkürzte Lernzeit
  • Skalierbar für verschiedene Aufgaben und Zielgruppen
  • Beitrag zur Lösung des Fachkräftemangels in der Industrie
  • Entwickelt von der University of Georgia (UGA)

Originalpublikation:

Beiwen Li et al.:

VR Co-Lab: A Virtual Reality Platform for Human–Robot Disassembly Training and Synthetic Data Generation,

in: Machines (2025),

DOI: 10.3390/machines13030239

Über den Autor / die Autorin

H.O. Wireless
H.O. Wireless
Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.

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