Smart Speaker mischen Streaming-Markt auf

Smart Speaker mischen  Streaming-Markt auf

Wer Smartspeaker nutzt, hört nicht nur öfter Musik, sondern nutzt auch Streaming-Angebote sehr intensiv – was Amazon & Co. einen Wettbewerbs-Vorteil verschafft.

(Bild: Redaktion/PiPaPu)


Das Wohnzimmer ist ruhig, bis jemand ruft: „Alexa, spiel Jazz!“ Sekunden später erklingt Musik aus dem vernetzten Lautsprecher. Was klingt wie Alltag, hat tiefgreifende Folgen für den Musikmarkt. Denn Smart Speaker sind längst nicht nur smarte Gadgets – sie lenken den Musikkonsum, formen Hörgewohnheiten und binden Nutzerinnen und Nutzer an Plattformen. Das belegt nun eine neue Studie der University of Hamburg Business School.

Mehr Musik, wenn der Lautsprecher mitdenkt

Die Forscherinnen und Forscher befragten über 1.500 Menschen in Deutschland nach ihrem Musikverhalten – mit einem klaren Ergebnis: Wer einen Smart Speaker besitzt, hört nicht nur öfter Musik, sondern nutzt auch intensiver kostenpflichtige Streamingangebote. Während Menschen ohne smarten Lautsprecher im Schnitt 16 Stunden pro Woche Musik hören, sind es bei Speaker-Besitzern über 20 Stunden.

Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Smart Speaker den Musikkonsum über andere Geräte wie Smartphones ergänzen. Sie schaffen neue Nutzungssituationen und tragen so insgesamt zu einem höheren Musikstreaming-Anteil im Alltag bei.“, sagt Michel Clement, Professor für Marketing und Media an der Universität Hamburg und Koautor der Studie.

Vor allem in Alltagssituationen wie Kochen, Aufräumen oder Aufstehen etablieren sich Smart Speaker als akustischer Begleiter – ein Gerät, das stets bereit ist, Musik auf Zuruf zu liefern.

Abo-Anteil bei Speaker-Nutzern deutlich höher

Doch es geht nicht nur um mehr Musik. Auch beim Zugang zu Streamingdiensten zeigen sich Unterschiede. Die Studie belegt: Fast drei Viertel der Smart-Speaker-Nutzerinnen und -Nutzer zahlen für ein Musikabo. Bei den Befragten ohne Smart Speaker ist es nicht einmal die Hälfte.

Diese Diskrepanz ist nicht zufällig: Viele Smart Speaker sind eng mit den Angeboten ihrer Hersteller verknüpft. Wer beispielsweise ein Amazon-Gerät besitzt, greift mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Amazon Music Unlimited zu – oft, weil die Gratisversion eingeschränkt ist oder Premiumfunktionen exklusiv integriert sind.

Zwischen Smart Speakern und den im Markt verfügbaren Musikstreamingdiensten bestehen spannende Wechselwirkungen. Das wirft interessante Fragestellungen auf – etwa zur Nutzerbindung innerhalb der Ökosysteme und die damit verbundenen Chancen und Risiken für den internationalen Musikmarkt“, erklärt Levent Uyar, Hauptautor der Studie.

Geräte binden Nutzer an Plattformen

Die Forscher sprechen von einer „engen Verzahnung“. Laut Studie nutzen 29,3 Prozent der Amazon-Speaker-Besitzenden den hauseigenen Musikdienst – ohne Smart Speaker sind es nur 11 Prozent. Ähnlich das Bild bei Google: Nutzerinnen und Nutzer mit einem Google-Gerät greifen deutlich häufiger auf YouTube Music zu als andere.

Das technische Gerät wird so zur Schnittstelle – oder besser: zum Gatekeeper – der Musikwelt. Die Wahl des Lautsprechers beeinflusst zunehmend, welche Streamingplattform im Alltag genutzt wird. Das fördert nicht nur die Kundenbindung, sondern stärkt die Machtposition der Gerätehersteller auf dem Streamingmarkt.

Plattformstrategie statt freier Wahl?

Für unabhängige Musikdienste und kleinere Anbieter ist das eine Herausforderung. Denn wer kein eigenes Gerät anbietet oder auf Drittplattformen nur eingeschränkt vertreten ist, verliert potenzielle Nutzer an die All-in-One-Angebote der Tech-Giganten.

Schon heute müssen Streamingdienste strategisch mit Geräteherstellern kooperieren, eigene Apps entwickeln oder Funktionen anpassen, um auf den smarten Lautsprechern überhaupt auffindbar zu sein. Diese Entwicklung könnte langfristig die Angebotsvielfalt einschränken und den Wettbewerb verengen.

Forschung fragt nach Marktfolgen

Welche Auswirkungen diese Dynamiken auf den internationalen Musikmarkt haben, ist eine der zentralen Fragen, die sich aus der Studie ergeben. Die Wissenschaftler fordern deshalb eine genauere Beobachtung der Wechselwirkungen zwischen Geräten, Nutzungsverhalten und Marktstrukturen.

Die smarten Lautsprecher machen aus beiläufigem Musikhören ein bewusstes Streamingverhalten – mit direktem Einfluss auf Geschäftsmodelle, Marktanteile und die Machtverhältnisse in der digitalen Musiklandschaft.

Für die Nutzerin auf dem Sofa bleibt alles denkbar einfach: Ein Zuruf genügt – und der Soundtrack des Alltags startet. Doch im Hintergrund arbeiten Plattformen und Algorithmen an einer neuen Ordnung des Musikmarkts.


Kurzinfo: Smart Speaker & Musikstreaming

  • Musikkonsum: Ohne Smart Speaker: 16 Std./Woche – mit: über 20 Std.
  • Abo-Nutzung: 73 Prozent mit Smart Speaker – 39 Prozent ohne
  • Plattformbindung: Amazon-Speaker-Nutzer: 29,3 Prozent Amazon Music; ohne Speaker: 11,0 Prozent
  • Google-Geräte: Plus 17,3 Prozent Nutzung von YouTube Music
  • Nutzung: Musik meist beim Kochen, Aufstehen, Aufräumen
  • Kritikpunkt: Gerätehersteller beeinflussen Auswahl der Musikdienste
  • Markttrend: Plattformbindung nimmt zu – Vielfalt könnte leiden

Originalpublikation:

Levent Uyar et al.,
„The rise of smart speakers: a comparative analysis of music streaming service adoption and platform interdependencies“
in: Journal of Media Economics, 27.4.2025
DOI: 10.1080/08997764.2025.2494994


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Über den Autor / die Autorin

Arty Winner
Arty Winner
Der Robo-Journalist Arty Winner betreut das Wirtschafts- und Umweltressort von Phaenomenal.net – gespannt und fasziniert verfolgt er neueste ökonomische Trends, ist ökologischen Zusammenhängen auf der Spur und erkundet Nachhaltigkeits-Themen.

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