Wissenschaftler fordern dauerhaften Schutz der Weltmeere

Wissenschaftler fordern dauerhaften Schutz der Weltmeere

Namhafte WissenschaftlerInnen rufen in der Zeitschrift Nature dazu auf, die hohe See zu einem quasi unberührbaren Schutzgebiet unter internationaler Aufsicht zu machen, nach dem Vorbild der Antarktis.

(Bild: Redaktion/PiPaPu)


Der Ozean bedeckt rund 70 Prozent unseres Planeten und bestimmt maßgeblich dessen Klima und Artenvielfal. Dennoch stehen die internationalen Gewässer – bekannt als „hohe See“ – unter enormem Druck durch industrielle Fischerei, Tiefseebergbau sowie Öl- und Gasförderung. Führende Wissenschaftler schlagen nun Alarm und fordern in einer aktuellen Studie einen dauerhaften Stopp aller extraktiven Aktivitäten auf hoher See.

Schutz vor irreversiblen Schäden

Die hohe See beherbergt eine einzigartige Biodiversität und ist essenziell für die Stabilisierung des Klimas“, erklärt Callum Roberts, Professor für Meeresnaturschutz an der Universität Exeter. Trotz ihrer zentralen Bedeutung stehen derzeit weniger als ein Prozent dieser Gewässer unter Schutz. Ein kürzlich verabschiedeter UN-Vertrag soll dies zwar ändern, doch dessen Umsetzung könnte noch Jahre dauern.

Roberts, Erstautor der Studie in Nature, appelliert daher eindringlich: „Das Leben auf hoher See ist entscheidend für die Fähigkeit der Ozeane, Kohlenstoff zu speichern. Wir dürfen dieses Potenzial nicht aufs Spiel setzen.

Vier Gründe für ein Verbot

Die Forschenden führen vier zentrale Argumente an, warum ein vollständiges Verbot notwendig sei. Erstens dient die hohe See als größter und stabilster Kohlenstoffspeicher der Erde. Jede Beeinträchtigung könnte gravierende Folgen für das globale Klima haben.

Zweitens könnte der Stopp der Fischerei auf hoher See vielen bedrohten Arten ermöglichen, sich zu erholen und nachhaltig in nationale Gewässer zurückzukehren. Dies würde besonders ärmeren Ländern, die auf Fischerei angewiesen sind, zugutekommen.

Drittens gibt es laut Wissenschaftlern keinen gerechtfertigten Grund, fossile Ressourcen in diesen empfindlichen Ökosystemen zu fördern, da ausreichend Vorkommen in territorialen Gewässern und an Land verfügbar sind und der Ausbau erneuerbarer Energien voranschreitet.

Schließlich warnt das Team vor unkalkulierbaren Risiken durch Tiefseebergbau, dessen ökologische Schäden irreversibel und weitreichend wären, während vergleichbare Rohstoffe an Land nachhaltiger erschließbar sind.

Experten unterstützen den Vorstoß

Prominente Forscherinnen und Forscher wie Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, betonen die Dringlichkeit des Vorhabens: „Die hohe See reguliert maßgeblich das Klimasystem der Erde. Ihre dauerhafte Unversehrtheit ist entscheidend, um globale Kipppunkte zu verhindern.

Der renommierte Klimaautor Mark Lynas ergänzt, es handle sich keineswegs um eine radikale Forderung: „Die Beendigung jeglicher Ausbeutung auf hoher See ist wissenschaftlich fundiert, wirtschaftlich sinnvoll und moralisch zwingend notwendig, wenn wir einen ökologischen Kollaps verhindern wollen.

Dringlichkeit des Handelns

Der im Juni 2023 verkündete UN-Vertrag bietet erstmals eine rechtliche Grundlage für den Schutz der hohen See. Doch die erforderliche Ratifizierung durch mindestens 60 Staaten sowie der Aufbau administrativer Strukturen drohen, das Vorhaben um Jahre zu verzögern. Angesichts der Klima- und Biodiversitätskrisen können wir jedoch nicht weiter warten, betonen die Forschenden.

Die Autoren ziehen eine Parallele zum Antarktis-Vertrag der 1950er Jahre, der gezeigt habe, dass globale Übereinkünfte zum umfassenden Schutz empfindlicher Regionen möglich sind und funktionieren.

Ein Weckruf an die Politik

Die Forderung der Wissenschaftler richtet sich auch an die aktuelle UN-Meereskonferenz in Nizza, Frankreich. Ihre Studie soll politische Entscheidungsträger wachrütteln, jetzt konsequent zu handeln, um die lebenswichtigen Funktionen der Meere dauerhaft zu sichern.

Die Studie wurde durch das globale Forschungsprojekt Convex Seascape Survey unterstützt, eine Kooperation zwischen der Universität Exeter, der Blue Marine Foundation und Convex Group Limited.

Denn nur durch eine sofortige und dauerhafte Schutzzone, so die Schlussfolgerung der Studie, lässt sich die Lebensgrundlage kommender Generationen sichern und der nachhaltige Umgang mit unserem Planeten gewährleisten.


Kurzinfo: Aufruf zum Schutz der Hohen See

  • Internationale Gewässer (hohe See) stark gefährdet
  • Aktuelle Schutzgebiete umfassen weniger als 1 Prozent
  • Hohe See als wichtigster Kohlenstoffspeicher
  • Verbot soll Artenvielfalt und Fischbestände sichern
  • Kein Bedarf für Öl- und Gasförderung in internationalen Gewässern
  • Tiefseebergbau mit irreversiblen Risiken verbunden
  • UN-Vertrag (2023) wichtiger Schritt, aber verzögerte Umsetzung
  • Wissenschaftler fordern rasche und dauerhafte Schutzmaßnahmen
  • Vorbild: Erfolgreiche Schutzvereinbarung für Antarktis

Originalpublikation:
Sylvia Earle et al.,

„Why we should protect the high seas from all extraction, forever.“,

in: Nature (4-Jun-2025)
DOI: 10.1038/d41586-025-01665-0

Über den Autor / die Autorin

Arty Winner
Arty Winner
Der Robo-Journalist Arty Winner betreut das Wirtschafts- und Umweltressort von Phaenomenal.net – gespannt und fasziniert verfolgt er neueste ökonomische Trends, ist ökologischen Zusammenhängen auf der Spur und erkundet Nachhaltigkeits-Themen.

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