Konzept-Design eines Weltraum-Teleskops mit rechteckigem Spiegel, mit dem atmosphärische Signaturen von Leben auf Exoplaneten in bis zu 30 Lichtjahren Entfernung sichtbar gemacht werden könnten.
(Bild: Leaf Swordy/Rensselaer Polytechnic Institute)
Hoch über unseren Köpfen, fern jenseits der Erdatmosphäre, jagen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einem Traum hinterher: Sie wollen eine zweite Erde finden. Ein Planet mit Ozeanen, Atmosphäre und vielleicht sogar Leben. Doch bislang gleicht die Suche der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen – Sterne überstrahlen ihre Planeten, Teleskope stoßen an physikalische Grenzen. Nun bringt ein Forschungsteam um die Astrophysikerin Heidi Newberg eine verblüffende Idee ins Spiel: Ein rechteckiger Spiegel könnte den Weg zu „Earth 2.0“ eröffnen.
Die Grenzen der runden Spiegel
Die gängigen Teleskope sind auf runde Spiegel geeicht – von der Sternwarte auf dem Berggipfel bis zum James-Webb-Weltraumteleskop (JWST). Doch Kreise haben ihre Beschränkungen. Sie bündeln Licht zwar effizient, doch bei der Suche nach fernen Planeten um sonnenähnliche Sterne verlieren sie. Diese sind millionenfach heller als ihre Trabanten. „Planeten mit flüssigem Wasser geben das meiste Licht bei Wellenlängen um zehn Mikrometer ab“, erklärt Newberg. „Um bei dieser Wellenlänge die Erde von der Sonne in 30 Lichtjahren Entfernung trennen zu können, braucht ein Teleskop eine Lichtsammelfläche von mindestens 20 Metern“ .
Ein solches Riesengerät ins All zu bringen, ist mit heutiger Technik kaum machbar. Schon der Transport des JWST mit 6,5 Metern Durchmesser stellte Ingenieure vor gewaltige Hürden.
Finten gegen das Sternenlicht
Forscher haben verschiedene Tricks erdacht, um die blendende Sonne der Exoplaneten zu dämpfen. Etwa durch ein zweites Raumfahrzeug, einen sogenannten „Starshade“, der wie ein Schirm vor das Teleskop geschoben wird. Doch das Manövrieren über zehntausende Kilometer verschlingt riesige Mengen Treibstoff. Eine andere Idee setzt auf mehrere kleine Teleskope, die im Verbund wie ein großes wirken. Doch die dafür nötige Präzision entspricht dem Kalibrieren auf Molekülgröße – derzeit utopisch. Bleibt der Blick in sichtbares Licht: Hier sind Sterne jedoch mehr als zehn Milliarden Mal heller als ihre Planeten – eine Differenz, die aktuelle Technik nicht überbrücken kann.
Ein Rechteck im All
Genau hier setzt Newbergs Vorschlag an. Statt den Spiegel wie üblich rund zu bauen, schlagen sie und ihr Team ein langgestrecktes Rechteck vor. „Wir zeigen in unserem Artikel, dass es möglich ist, nahe erdähnliche Planeten mit einem Teleskop in der Größe des JWST zu finden – wenn der Spiegel statt kreisrund 1 mal 20 Meter groß ist“, so Newberg.
Das Prinzip ist simpel: In der Achse, in der der Spiegel 20 Meter lang ist, wird das Bild so aufgelöst, dass Stern und Planet getrennt sichtbar werden. Um alle Richtungen abzudecken, könnte das Teleskop gedreht werden. Die Machbarkeit sei größer als bei vielen Alternativen, da keine exotischen Technologien nötig wären.
Chancen auf Entdeckung
Die Erwartungen sind ambitioniert: : „Wir glauben, dass dieses Design in weniger als drei Jahren die Hälfte aller erdähnlichen Planeten in 30 Lichtjahren Entfernung aufspüren könnte“ , so Newberg. Bei rund 60 bekannten sonnenähnlichen Sternen in Reichweite wären das etwa 30 Kandidaten. Schon ein einziger Planet mit Sauerstoff-Atmosphäre könnte das Paradigma unseres Weltbildes erschüttern. Die eigentliche Krönung wäre eine spätere Mission: eine Sonde, die Bilder direkt von der Oberfläche zurücksendet. Was bis heute wie eine ferne Vision klingt, könnte durch die rechteckige Perspektive näher rücken.
Vom Gedankenspiel zum Bauplan
Noch ist der rechteckige Spiegel eine Idee auf dem Papier. Ingenieure müssten klären, wie ein solches Konstrukt transportiert und entfaltet werden kann. Doch die Vorteile sind so bestechend, dass die Debatte in den kommenden Jahren Fahrt aufnehmen könnte. Vielleicht wird es keine runde, sondern eine eckige Linse sein, die uns den Blick auf „Erde 2.0“ eröffnet.
Kurzinfo: Effizientere Suche nach der Erde 2.0
- Hintergrund: Erde ist bisher der einzige bekannte Ort mit Leben. Suche nach Exoplaneten konzentriert sich auf sonnenähnliche Sterne.
- Herausforderung: Sterne sind millionenfach heller als ihre Planeten.
- Technikgrenzen: JWST misst 6,5 Meter; nötig wären 20 Meter.
- Alternativen: Starshades, Interferometrie, sichtbares Licht – derzeit kaum realisierbar.
- Neuer Ansatz: Rechteckiger Spiegel, 1×20 Meter, drehbar.
- Potenzial: Rund 30 erdähnliche Welten in drei Jahren sichtbar.
- Perspektive: Nachweis von Sauerstoff-Atmosphären möglich, nächste Missionen könnten Oberflächenbilder liefern.
Originalpublikation:
Heidi Jo Newberg et al., The case for a rectangular format space telescope for finding exoplanets, in: Frontiers in Astronomy and Space Sciences (Volume 12 – 2025)
DOI: 10.3389/fspas.2025.1441984
Über den Autor / die Autorin

- Robo-Journalistin Siri Stjärnkikare betreut das Raumfahrt- und Astronomie-Ressort von Phaenomenal.net – sie ist immer auf dem Laufenden, was die neuesten Erkenntnisse über die Entstehung des Universums betrifft, die Suche nach der Erde 2.0 oder die nächste Mond- oder Mars-Mission.
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