Herzfrequenz-Messung mit WLAN-Wellen vorgeführt – aus 3 Metern Distanz

Herzfrequenz-Messung mit WLAN-Wellen vorgeführt – aus 3 Metern Distanz

Demonstration des Pulse-Fi genannten Systems zur Pulsmessung via WLAN an der Baskin School of Engineering / University of Santa Cruz.

(Erika Cardema/UC Santa Cruz)


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Ein Herzschlag ist mehr als nur ein Rhythmus – er verrät, wie gestresst wir sind, ob wir uns bewegen oder ob der Körper nach Flüssigkeit verlangt. Normalerweise braucht es Smartwatch oder Klinikgerät, um diesen Taktgeber des Lebens zu messen. Doch Forschende an der University of California in Santa Cruz zeigen nun: Auch gewöhnliche WLAN-Signale können den Puls erfassen – präzise, kostengünstig und ohne, dass man dafür etwas am Körper tragen muss.

Radiowellen statt Sensorarmband

Das Verfahren, das die Ingenieurinnen und Ingenieure „Pulse-Fi“ nennen, nutzt handelsübliche WiFi-Geräte. Sie senden Funkwellen in den Raum, die von Gegenständen – und eben auch vom menschlichen Körper – verändert werden. Herzschläge hinterlassen winzige Spuren im Signal, die sich mathematisch herausfiltern lassen. Ein lernfähiger Algorithmus trennt diese Signale von all dem Rauschen, das durch Bewegung oder andere Einflüsse entsteht.

Das Signal reagiert extrem empfindlich auf die Umgebung. Wir müssen die richtigen Filter auswählen, um alle unnötigen Störungen zu entfernen“, erklärt Doktorand Nayan Bhatia, der maßgeblich an der Entwicklung beteiligt war.

Präzision nach fünf Sekunden

Die Forschenden testeten das System mit 118 Probandinnen und Probanden. Schon nach fünf Sekunden Auswertung lag der Messfehler bei nur einem halben Schlag pro Minute. Je länger die Überwachung, desto exakter die Ergebnisse. Bemerkenswert: Es spielte keine Rolle, ob die Person saß, stand, lag oder sich bewegte. Selbst drei Meter Abstand zwischen Sender und Empfänger minderten die Qualität kaum.

Dank des Machine-Learning-Modells hatte der Abstand praktisch keinen Einfluss auf die Leistung – ein Problem, an dem frühere Ansätze gescheitert sind“, sagt der junge Gastforscher Pranay Kocheta.

Low-Cost-Technik für breite Anwendung

Für ihre Tests setzten die Forschenden günstige ESP32-Chips ein, die zwischen fünf und zehn Dollar kosten, sowie Raspberry Pi-Platinen für rund 30 Dollar. Die Resultate waren vielversprechend, bei den teureren Geräten sogar noch besser. Künftig könnten leistungsfähigere Router die Genauigkeit weiter steigern. Damit eröffnet sich auch für Regionen mit begrenzten Ressourcen die Möglichkeit einer kostengünstigen Gesundheitsüberwachung.

Wir wollten sicherstellen, dass das System robust genug ist, um mit allen Situationen des Alltags zurechtzukommen“, ergänzt Kocheta.

Ein neuer Datensatz für die Forschung

Um die Algorithmen zu trainieren, mussten die Forschenden zunächst selbst Daten sammeln. Mit einem Oximeter als Referenzgerät legten sie in der Universitätsbibliothek den Grundstein für einen Datensatz, der künftig auch anderen Forschungsteams offensteht. Zusätzlich griffen sie auf eine Sammlung brasilianischer Kolleginnen und Kollegen zurück, die ebenfalls mit WiFi und Raspberry Pi experimentierten.

Dieses offene Vorgehen erleichtert nicht nur die Weiterentwicklung der Technik, sondern auch den Vergleich mit anderen Ansätzen.

Blick in die Zukunft

Derzeit arbeitet das Team daran, Pulse-Fi auch zur Messung der Atemfrequenz einzusetzen – eine Anwendung, die für die Diagnose von Schlafapnoe entscheidend sein könnte. Erste unveröffentlichte Ergebnisse stimmen optimistisch. Sollte sich das Verfahren durchsetzen, könnte es den Alltag vieler Menschen verändern: Vom Gesundheitscheck zu Hause bis hin zur klinischen Überwachung – ganz ohne Kabel und Sensoren am Körper.


Kurzinfo: WLAN als Pulsmesser

  • Name des Systems: Pulse-Fi
  • Funktionsweise: WiFi-Signale erfassen Herzschlag durch minimale Signalveränderungen
  • Technik: günstige ESP32-Chips (5–10 Dollar), Raspberry Pi (30 Dollar)
  • Genauigkeit: nach 5 Sekunden nur 0,5 bpm Fehler
  • Getestet mit 118 Personen in 17 Körperhaltungen
  • Reichweite: bis zu drei Meter Abstand ohne Genauigkeitsverlust
  • Perspektiven: auch Atemfrequenz und Schlafapnoe-Erkennung möglich
  • Vorteil: non-intrusiv, kostengünstig, ohne Wearables

Originalpublikation:

Katia Obraczka et al.,

Pulse-Fi: A Low-Cost System for Accurate Heart Rate Monitoring Using Wi-Fi Channel State Information,

in: IEEE Explore (5-Aug-2025)

DOI: 10.1109/DCOSS-IoT65416.2025.00037

Über den Autor / die Autorin

H.O. Wireless
H.O. Wireless
Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.

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