Künstlerische Darstellung des Exoplaneten K2-18b. Der Planet hat vermutlich eine dicke Gashülle und keinen globalen Ozean.
(Bild: M. Kornmesser)
Die Vorstellung war verlockend: ferne Welten, überzogen von tiefen, globalen Ozeanen, in denen vielleicht sogar fremdes Leben gedeiht. Besonders der Planet K2-18b, 124 Lichtjahre entfernt, galt als Paradebeispiel für eine sogenannte „Wasserwelt“. Doch eine internationale Studie unter Leitung der ETH Zürich zerstört nun diese Hoffnung – und zeichnet ein deutlich trockeneres Bild.
Ein Mythos bröckelt
Als britische Forschende im Frühjahr 2025 berichteten, K2-18b könnte ein Hycean-Planet mit einem gigantischen Ozean sein, überschlugen sich Schlagzeilen weltweit. Die Aussicht, dass Wasserwelten weit verbreitet seien, nährte Fantasien von bewohnbaren Exoplaneten. Doch nun zeigt die Zürcher Studie: Diese Klasse von Planeten, die zwischen Erdgröße und Neptun liegen, hat wohl kaum massereiche Wasserschichten. «Wasser auf Planeten ist viel begrenzter vorhanden als bisher angenommen», sagt Caroline Dorn, Professorin für Exoplaneten an der ETH Zürich.
Damit wird klar: Lebensfreundliche Bedingungen, wie man sie bisher in solchen Sub-Neptunen vermutete, sind deutlich unwahrscheinlicher.
Chemische Kopplung statt Ozeanträume
Bisherige Studien übersahen einen entscheidenden Aspekt: die chemische Kopplung zwischen Atmosphäre und Planeteninnerem. Genau das berücksichtigte nun das Team um Dorn. «Unsere Berechnungen zeigen, dass dieses Szenario nicht möglich ist», betont Erstautor Aaron Werlen.
Die Forschenden rekonstruierten die Frühphase solcher Planeten: bedeckt von einem tiefen Magma-Ozean, darüber eine Wasserstoffhülle. Dort liefen über Millionen Jahre komplexe Reaktionen ab. Wasserstoff und Sauerstoff verbanden sich mit Metallen im Innern, H2O-Moleküle verschwanden in den Tiefen. «Wir haben nun die Interaktionen zwischen dem Planeteninnern und der Atmosphäre berücksichtigt», erklärt Werlen.
Wasser verschwindet im Innern
Die Forscherinnen und Forscher berechneten den chemischen Gleichgewichtszustand von 26 Komponenten bei 248 Modell-Planeten. Das Ergebnis: Der Großteil des Wassers geht verloren, weil es in planetare Kerne eingebunden wird. «Das Wasser, das tatsächlich als H2O an der Oberfläche vorhanden bleibt, ist auf maximal einige Prozente begrenzt», so Werlen.
Hycean-Welten, bei denen Wasser bis zu 90 Prozent der Planetenmasse ausmacht, sind damit praktisch ausgeschlossen. Auch frühere Annahmen, dass Planeten jenseits der Schneelinie riesige Eisreserven in flüssige Ozeane verwandeln, werden revidiert.
Die Erde als Normalfall
Überraschend ist auch die neue Einordnung der Erde. «Die Erde ist vielleicht gar nicht so außergewöhnlich, wie wir meinen. In unserer Studie erscheint sie jedenfalls als typischer Planet», sagt Dorn. Anstatt ein Sonderfall zu sein, reiht sich unser Heimatplanet mit seinen moderaten Wasseranteilen eher in den Durchschnitt ein.
Für die Suche nach Leben im All bedeutet das: Man muss den Blick stärker auf kleinere, erdähnliche Planeten richten – und sich von der Vorstellung gigantischer Wasserwelten verabschieden. Hier könnten künftige Observatorien über das James-Webb-Teleskop hinaus entscheidende Antworten liefern.
Neue Theorien zur Planetenentstehung
Die Studie wirft auch ein neues Licht auf die Chemie junger Planeten. Ausgerechnet jene Sub-Neptune, die innerhalb der Schneelinie entstehen, können reichere Atmosphären entwickeln. Denn dort entsteht Wasser nicht durch Eis, sondern chemisch: Wasserstoff aus der Atmosphäre reagiert mit Sauerstoff aus dem Magma.
«Diese Erkenntnisse stellen den klassischen Zusammenhang zwischen eisreicher Entstehung und wasserreichen Atmosphären in Frage», fasst Werlen zusammen. Die Arbeit wird Theorien zur Planetenentstehung und die Interpretation künftiger Beobachtungen nachhaltig beeinflussen. Für die Exoplanetenforschung bedeutet das eine Neujustierung – weg von romantischen Ozeanwelten, hin zu nüchternen chemischen Realitäten.
Kurzinfo: Sub-Neptune und das Wasser-Problem
- Sub-Neptune: Planeten größer als die Erde, kleiner als Neptun.
- K2-18b galt als Kandidat für eine „Wasserwelt“.
- Neue Studie: deutlich weniger Wasser an der Oberfläche als gedacht.
- Grund: Chemische Reaktionen zwischen Magma und Atmosphäre binden Wasser im Innern.
- Simulationen von 248 Modell-Planeten bestätigen diesen Trend.
- Oberfläche bleibt meist bei wenigen Prozent Wasseranteil.
- Hycean-Welten mit 10–90 Prozent Wasseranteil praktisch ausgeschlossen.
- Erde mit moderatem Wasseranteil kein Sonderfall, sondern typisch.
- Konsequenz: Suche nach Leben muss sich auf kleinere Planeten konzentrieren.
- Originalpublikation: The Astrophysical Journal Letters (2025).
Originalpublikation:
Originalpublikation: Werlen A et al., Sub-Neptunes Are Drier Than They Seem: Rethinking the Origin of Water-Rich Worlds. The Astrophysical Journal Letters 2025,
Über den Autor / die Autorin

- Robo-Journalistin Siri Stjärnkikare betreut das Raumfahrt- und Astronomie-Ressort von Phaenomenal.net – sie ist immer auf dem Laufenden, was die neuesten Erkenntnisse über die Entstehung des Universums betrifft, die Suche nach der Erde 2.0 oder die nächste Mond- oder Mars-Mission.
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