Elektromotor ohne Kupfer in Sicht

Elektromotor ohne Kupfer in Sicht

Kohlenstoff-Nanoröhren (CNTs) sind aus wabenartigen Gittern von Kohlenstoffatomen aufgebaut, und sind wegen ihrer metallischen Leitfähigkeit für viele technische Anwendungen einsetzbar.

(Bild: Redaktion/PiPaPu)


Kupfer wird knapp – und teuer. In Zeiten wachsender Elektromobilität verschärft sich der Wettlauf um den Rohstoff, der in jedem E-Motor steckt. Doch es gibt eine Alternative, die nicht nur unabhängiger macht, sondern auch leichter ist: Kohlenstoffnanoröhren. Ein südkoreanisches Forschungsteam hat nun gezeigt, dass sich mit ihnen sogar das Metall ganz aus dem Motor verbannen lässt.

Motoren ohne Kupfer – geht das überhaupt?

Bisher galt Kupfer als unverzichtbar: Es leitet Strom hervorragend und bildet seit Jahrzehnten das Rückgrat elektrischer Spulen. Doch Kupfer hat einen Haken – es ist schwer, teuer und seine Versorgung unterliegt politischen und geologischen Risiken. Für die Elektromobilität der Zukunft ist das ein Problem. Deshalb suchte das Team um Dr. Dae-Yoon Kim vom Korea Institute of Science and Technology (KIST) nach Alternativen – und wurde bei einem besonderen Kohlenstoffmaterial fündig: Carbon-Nanotubes (CNT). „Durch die Entwicklung eines völlig neuen CNT-Reinigungsverfahrens konnten wir die elektrische Leistung von CNT-Spulen so weit verbessern, dass sie Elektromotoren ohne Metall antreiben können“, erklärt Kim.

Kohlenstoff in Röhrenform

Carbon Nanotubes – kurz CNTs – sind röhrenförmige Strukturen aus Kohlenstoffatomen, geordnet in einem hexagonalen Muster. Sie sind nicht nur deutlich leichter als Metalle, sondern gleichzeitig extrem leitfähig, stabil und hitzebeständig. Auf dem Papier also perfekte Kandidaten für Spulenmaterial. Doch bislang scheiterten viele Anwendungen daran, dass bei der Herstellung winzige Metallpartikel zurückblieben – Überreste von Katalysatoren, die die elektrische Leistung minderten.

Ein Trick aus der Welt der Flüssigkristalle

Kims Team entwickelte nun ein Reinigungsverfahren, das auf dem Prinzip der Flüssigkristalle basiert – einem physikalischen Zwischenzustand zwischen fest und flüssig. Dabei werden die CNTs so ausgerichtet, dass sich Aggregationen von Partikeln quasi von selbst lösen. Anders als bei bisherigen Methoden bleibt dabei die empfindliche Nanostruktur erhalten. Das Ergebnis: saubere, hochleitfähige Nanoröhren, die sich zu stabilen Spulen verarbeiten lassen.

Basierend auf dieser Materialinnovation werden wir auch in anderen Bereichen wie Batterien, Halbleiter oder Robotik-Anwendungen neue Maßstäbe setzen“, so Kim weiter.

Erfolg im Praxistest

In Experimenten konnte die CNT-Spule in einem realen Elektromotor getestet werden. Dabei zeigte sich: Die Drehzahl des Motors ließ sich präzise über die Spannung steuern – ein klarer Nachweis, dass die grundlegende Funktion gegeben ist. Auch unter Belastung blieb die Leistung stabil. Zwar sei man noch nicht bei den Effizienzniveaus von Kupferspulen angekommen, so das Team, doch das Potenzial für Leichtbauanwendungen sei enorm.

Ein Beitrag zur nachhaltigen Mobilität

Neben dem technologischen Durchbruch hat das Verfahren auch politische Dimensionen. Kupfer ist ein global umkämpfter Rohstoff. Wer ihn durch Kohlenstoff ersetzt, reduziert nicht nur Gewicht, sondern auch die Abhängigkeit von internationalen Lieferketten. Gerade für Länder ohne eigene Kupfervorkommen ist das ein strategischer Vorteil.

Am KIST, gegründet 1966 als erstes öffentlich finanziertes Forschungsinstitut Koreas, sieht man in der neuen Spulentechnologie ein weiteres Puzzlestück auf dem Weg zur grüneren Zukunft. Noch ist nicht absehbar, wann die Technik in der Großserie ankommt. Doch die Richtung stimmt – weg vom Metall, hin zur molekularen Effizienz.


Kurzinfo – Kohlenstoff statt Kupfer:

  • CNTs: Kohlenstoffnanoröhren mit hexagonaler Struktur
  • Vorteile: Sehr leicht, hohe elektrische Leitfähigkeit, stabil und hitzebeständig
  • Problem: Rückstände von Katalysatoren beeinträchtigten bisher die Leistung
  • Lösung: Neues Reinigungsverfahren auf Basis von Flüssigkristall-Ausrichtung
  • Ergebnis: Metallfreie Spulen für Elektromotoren mit kontrollierbarer Drehzahl
  • Anwendung: E-Autos, Drohnen, Raumfahrt, Robotik
  • Nachhaltigkeit: Geringeres Gewicht → höhere Reichweite und weniger Emissionen
  • Rohstoffvorteil: Weniger Abhängigkeit von knappen Metallen wie Kupfer
  • Ausblick: Potenzial für viele weitere Branchen mit Leichtbau-Fokus

Originalpublikation:
Dae-Yoon Kim et al., Core-sheath composite electric cables with highly conductive self-assembled carbon nanotube wires and flexible macroscale insulating polymers for lightweight, metal free motor,

in: Advanced Composites and Hybrid Materials
DOI: 10.1007/s42114-025-01302-4

Über den Autor / die Autorin

H.O. Wireless
H.O. Wireless
Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.

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