Individuelles Fertig-Holzhaus zum Zusammenstecken

Individuelles Fertig-Holzhaus zum Zusammenstecken

Fertighäuser aus Holz haben viele Vorteile – etwa die Produktion der Einzelteile vorab. Doch die Montage ist meist noch recht aufwändig – und die Auswahl der Module hat seine Grenzen. Das Münchner Stecksystem verbindet nun maximale Konfigurierbarkeit mit Do-It-Yourself-Charme.

(Bild: Julian Krüger/Hochschule München)


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Ein Haus, das sich am Bildschirm entwerfen, digital produzieren und dann einfach ohne Werkzeug zusammenstecken lässt – was nach einem Baukasten für Erwachsene klingt, ist an der Hochschule München Realität geworden. Forschende der Fakultät für Architektur haben ein Stecksystem aus Holz entwickelt, das den Hausbau grundlegend vereinfachen könnte. Ihr Ziel: weniger Aufwand, weniger Kosten, weniger Emissionen – und trotzdem individuelle Gestaltung.

Vom Entwurf zum Steckbausatz

Im Zentrum des Projekts „Digital Craft“ steht eine digitale Prozesskette, die den klassischen Bauablauf durchbricht. Statt Architekt, Statiker, Bauleiter und Handwerker getrennt zu koordinieren, verschmelzen Planung und Produktion zu einem durchgängigen digitalen Ablauf. Der Entwurf eines Hauses erfolgt nicht mehr auf Papier oder in CAD-Dateien, sondern direkt in einem eigens entwickelten Softwaretool. Dort lassen sich Grundrisse, Fenstergrößen, Raumhöhen und Fassadengestaltung frei definieren.

Anders als bei einem Fertighaus, bei dem ein immer gleiches ‚Modell‘ gebaut wird, lassen sich mit unserer Lösung unterschiedliche Häuser planen und herstellen“ , erklärt Professor Julian Krüger, der das Forschungsprojekt leitet.

Jeder Entwurf ein Unikat

Der Clou des Systems: Jedes digital konfigurierte Haus wird als Gittermodell abgebildet, aus dem dann millimetergenaue Produktionsdaten für alle Bauteile abgeleitet werden. Eine computergesteuerte Holzbearbeitungsanlage fertigt die Elemente präzise vor. Türen, Fenster, Wandmodule – alles kommt als passgenauer Bausatz. Vor Ort müssen die Teile nur noch ineinander geschoben werden.

Vom Anbau bis hin zum Einfamilienhaus lassen sich so individuelle Häuser planen und digital fertigen – jedes davon ein Unikat.“ , sagt Krüger. So entsteht eine neue Form des Bauens, die nicht nur schneller, sondern auch freier ist – ganz ohne serielle Monotonie.

Nachhaltigkeit steckt im System

Doch der technologische Ansatz allein reicht dem Team nicht. Besonders im Fokus steht auch die ökologische Bilanz des Bauens. Das Stecksystem basiert auf Holz als nachwachsendem Rohstoff. Die Knotenpunkte der Konstruktion sind so konzipiert, dass sie sich wieder lösen lassen. Damit wird ein sortenreiner Rückbau möglich – also das sortierte Recycling der Materialien, ohne dass sie vermischt oder zerstört werden.

Besonders wichtig ist uns der Aspekt der Nachhaltigkeit, und so setzen wir auf Holz als nachwachsenden Baustoff, wodurch der ökologische Fußabdruck des Bauens deutlich reduziert werden kann“, betont Krüger.

Erster Prototyp auf der Messe

Wie das in der Praxis aussieht, zeigt ein bereits gebauter Prototyp. Auf der Messe BAU 2025 wurde ein rund 20 Quadratmeter großes Mini-Haus präsentiert, das vollständig nach dem neuen Prinzip entstand. Das Gebäude lässt sich erweitern, aufstocken oder abbauen – ganz im Sinne einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung. Besonders interessant sei das System für urbane Nachverdichtung, betont das Forschungsteam. Auf Dächern, in Innenhöfen oder als modulare Erweiterung bestehender Gebäude könnten solche Einheiten zum Einsatz kommen.

Nächster Halt: Test im Stadtraum

Was bisher im Labormaßstab funktioniert, soll nun in der Praxis erprobt werden. Die Hochschule München plant den Bau eines größeren Prototyps, der in einem urbanen Umfeld getestet werden soll. Auch hier geht es um Tempo, Effizienz und Umweltfreundlichkeit – aber eben auch um Wohnqualität und Gestaltungsspielraum.

Der nächste Schritt ist der Bau eines weiterentwickelten Prototyps, der in der Stadt getestet werden soll“, kündigt Krüger an. Der Weg vom Baukasten zum Bauhaus der Zukunft – er beginnt mit einem Stecksystem aus Holz.


Kurzinfo: Das steckt im Holzbaustecksystem

  • Projektname: Digital Craft
  • Ort: Hochschule München, Fakultät für Architektur
  • Bausystem: Stecksystem aus Holzelementen
  • Vorteile: individuell konfigurierbar, digital gefertigt, kostengünstig, nachhaltig
  • Material: nachwachsendes Holz, recyclingfähig durch lösbare Knotenpunkte
  • Anwendung: Einfamilienhäuser, Anbauten, urbane Nachverdichtung
  • Förderung: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
  • Prototyp: 20 m², vorgestellt auf der Messe BAU 2025
  • Nächste Phase: Praxistest in städtischem Umfeld

Über den Autor / die Autorin

Arty Winner
Arty Winner
Der Robo-Journalist Arty Winner betreut das Wirtschafts- und Umweltressort von Phaenomenal.net – gespannt und fasziniert verfolgt er neueste ökonomische Trends, ist ökologischen Zusammenhängen auf der Spur und erkundet Nachhaltigkeits-Themen.

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