Unter Australien Sonne wird eine besonders effektive und kostengünstige Methode erprobt, um industrielle Prozesswärme zu erzeugen: flexible Kunsstoff-Spiegel sammeln bündeln die Sonnenstrahlen.
(Bild: University of South Australia)
Auf einem Weinberg im australischen Bundesstaat New South Wales soll bald mehr als nur Reben gedeihen – dort entsteht ein technologischer Hoffnungsträger. Zwei Module aus speziell beschichteten Kunststoffspiegeln, angeordnet zu Sonnenfängern, bilden das Herzstück eines weltweit ersten Demonstrators für konzentrierte Solarthermie (CST), der kostengünstig und skalierbar sein soll. Entwickelt wird das System gemeinsam von der University of South Australia (UniSA), Charles Sturt University (CSU) und dem Unternehmen Impacts Renewable Energy – gefördert durch das staatliche Australia’s Economic Accelerator-Programm. Das Ziel: eine grüne Wärmewende für Industrieprozesse, die bisher vor allem durch fossile Brennstoffe gespeist werden.
Industriehitze im Visier
Industrielle Prozesswärme ist ein unsichtbarer Riese unter den globalen Emittenten: Ein Viertel des weltweiten Energieverbrauchs entfällt auf diesen Bereich, verbunden mit rund 20 Prozent der CO₂-Emissionen. „Prozesswärme im Industriebereich ist für erstaunliche 25 Prozent des weltweiten Energieverbrauchts und 20 Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich„, erklärt Projektleiterin Dr. Marta Llusca Jane von der UniSA. Doch herkömmliche erneuerbare Technologien wie Photovoltaik kommen hier schnell an ihre Grenzen – zu gering ist ihre Leistungsfähigkeit bei hohen Temperaturen.
Leicht, beschichtet, hochreflektiv
Der technologische Clou des neuen CST-Systems: Statt schwerer und bruchanfälliger Glasspiegel kommen thermoformbare Kunststoffplatten zum Einsatz, die mit einer speziell entwickelten Aluminium-Silizium-Beschichtung versehen sind. Diese wurde am Future Industries Institute der UniSA entwickelt und in einem Verfahren namens Physical Vapour Deposition aufgetragen.
Die spiegelnden Platten sind nicht nur wetterfest und langlebig, sondern lassen sich auch platzsparend transportieren und vor Ort einfach montieren. „Unsere Kunststoff-basierte CST-Technologie schließt die Lücke zwischen Bedarf und Angebot – und das mit deutlichen Vorteilen bei Kosten und Installation“, so Llusca Jane.
Anwendungsvielfalt für Temperaturen bis 400 Grad
Die geplanten Module sollen Temperaturen von 100 bis 400 Grad Celsius erzeugen – ein Bereich, der viele industrielle Prozesse abdeckt: etwa Trocknung von Getreide, Pasteurisierung von Lebensmitteln, Sterilisation, Wasseraufbereitung oder sogar Solarentsalzung. Auch Anwendungen im Bergbau und bei der Sanierung verschmutzter Böden sind vorgesehen. Das erste Demonstrationssystem umfasst zwei Einheiten mit jeweils 16 Panels und wird an CSUs „Vineyard of the Future“ installiert und getestet. In einer zweiten Phase soll im Rahmen des AEA Innovate-Programms ein größerer Pilot mit Industriepartnern folgen.
Ein Markt mit Strahlkraft
Die Technologie hat das Potenzial, die Kosten für industrielle Prozesswärme um bis zu 40 Prozent zu senken. Erste Interessensbekundungen von Unternehmen aus dem In- und Ausland liegen bereits vor. „Ohne diese Förderung wären die technischen und finanziellen Risiken für Investoren zu hoch. Der Demonstrator ermöglicht uns die Skalierung in reale Anwendungen“, sagt Llusca Jane. Die Kombination aus Effizienz, Transportfähigkeit und Anpassung an das australische Klima macht das Projekt zu einem potenziellen Exportschlager.
Ein Spiegel der Zukunft
Für Professor Colin Hall, Miterfinder der Kunststoffspiegel und Professor an der UniSA, ist das Timing ideal. „Wir erleben Rekordpreise bei fossilen Energieträgern und wachsenden Druck zur Dekarbonisierung. Unsere CST-Lösung passt perfekt zum heißen, trockenen Klima Australiens – und bietet einen realistischen Weg zu emissionsfreier Prozesswärme.“
Das Projekt zeigt, wie gemeinsame Innovationskraft von Wissenschaft und Wirtschaft zu handfesten Lösungen führen kann – nicht irgendwann, sondern jetzt. „Indem wir diese Technologie im Feld erproben, legen wir das Fundament für ein widerstandsfähiges, klimafreundliches Energiesystem – in Australien und darüber hinaus“, betont Llusca Jane.
Kurzinfo: CST-Demonstrator für grüne Industrieenergie
- Technologie: Konzentrator-Solarthermie (CST) mit Kunststoffspiegeln
- Besonderheit: Leicht, beschichtet, flach verpackbar, skalierbar
- Zieltemperaturen: 100 – 400 °C für industrielle Prozesse
- Anwendungen: Nahrungsmittelverarbeitung, Trocknung, Desinfektion, Wasseraufbereitung, Bergbau
- Standort: Testinstallation an der „Vineyard of the Future“ in NSW
- Perspektive: Reduktion der Kosten um 40 Prozent, Exportchancen
Originalpublikation:
https://www.unisa.edu.au/media-centre/Releases/2025/cst-project
Über den Autor / die Autorin

- Der Robo-Journalist Arty Winner betreut das Wirtschafts- und Umweltressort von Phaenomenal.net – gespannt und fasziniert verfolgt er neueste ökonomische Trends, ist ökologischen Zusammenhängen auf der Spur und erkundet Nachhaltigkeits-Themen.
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