Unsichtbare Gefahr: Forschende weisen Nanoplastik in Tierzellen nach

Unsichtbare Gefahr: Forschende weisen Nanoplastik in Tierzellen nach

In der neuen Pilotstudie untersuchte das Team Zellkulturen von Rindern und Schweinen. Dabei zeigte sich: Polystyrol-Nanoplastik gelangt in die Zellen und sammelt sich dort an.

(Bild: Redaktion/PiPaPu)


Kurzinfo: Nanoplastik in Tierzellen nachgewiesen

  • Studie von FBN Dummerstorf und Universität Udine
  • Nachweis von Polystyrol-Nanoplastik in Zellkulturen
  • Betroffen: Rinder- und Schweinezellen
  • Mögliche Auswirkungen auf Fruchtbarkeit und Muskelbildung
  • Risiken für Tiergesundheit und Fleischerzeugung
  • Potenzielle Folgen für menschliche Ernährungssicherheit
  • Bedarf an standardisierten Nachweismethoden
  • Weitere Studien zu Umwelt- und Gesundheitsrisiken geplant

Plastik ist längst überall: in Böden, Flüssen, Ozeanen – und nun auch in den Zellen von Nutztieren. Forschende am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf und der Universität Udine haben erstmals nachgewiesen, dass winzige Nanoplastikpartikel in Tierzellen eindringen können. Der Befund ist brisant: Er deutet auf mögliche Risiken für die Tiergesundheit und – indirekt – für die menschliche Ernährung hin.

Bisher galten vor allem Mikroplastikpartikel als Umweltproblem. Doch Nanoplastik ist noch kleiner – weniger als ein Mikrometer groß – und damit kaum nachweisbar. Genau darin liegt die Herausforderung, aber auch die Gefahr. Denn diese Partikel sind so winzig, dass sie biologische Barrieren überwinden und tief in Zellen eindringen können.

Kunststoff im Zellinneren

In der neuen Pilotstudie untersuchte das Team Zellkulturen von Rindern und Schweinen. Dabei zeigte sich: Polystyrol-Nanoplastik gelangt in die Zellen und sammelt sich dort an. Besonders betroffen waren Granulosazellen, die für die Fortpflanzung wichtig sind, und Myoblasten, die später Muskelgewebe bilden.
„Da wir über Nanoplastik noch viel zu wenig wissen und der Nachweis schwierig ist, sind unsere Ergebnisse besonders wichtig, um die Risiken besser abschätzen zu können“, erklärt Dr. Anja Baufeld vom FBN. „Als wir sahen, dass Nanoplastik in die Zellen eindringt, wussten wir, dass dies weitreichende Folgen haben könnte.“

Die Beobachtung ist ein Warnsignal: Bereits geringe Mengen könnten Zellprozesse verändern – mit potenziellen Auswirkungen auf Fruchtbarkeit, Wachstum und Fleischqualität.

Von der Zelle bis zum Stall

Ob die in Zellkulturen beobachteten Effekte auch im Tierkörper auftreten, ist noch unklar. Doch die Forschenden sehen Handlungsbedarf. Denn Nutztiere sind ein wichtiger Bestandteil der Nahrungskette. Gelangt Nanoplastik in deren Gewebe, könnte es indirekt auch beim Menschen landen.

„Unsere Forschung zeigt, dass Nanoplastik nicht nur ein Umweltproblem ist, sondern potenziell auch direkte Folgen für die Gesundheit von Nutztieren haben könnte,“ betont Baufeld. „Diese ersten Hinweise machen deutlich, wie wichtig es ist, Plastikverschmutzung noch intensiver zu erforschen, um mögliche Risiken sowohl für Tiere als auch für Menschen frühzeitig einschätzen zu können.“

Die Studie liefert damit einen entscheidenden Ansatzpunkt für weitere Forschung – insbesondere über die Mechanismen, mit denen Nanoplastik Zellstrukturen beeinflusst.

Kleine Partikel, große Fragen

Während Mikroplastik (1 Mikrometer bis 5 Millimeter) bereits vielfach untersucht ist, steckt die Erforschung von Nanoplastik noch in den Anfängen. Es fehlen standardisierte Messverfahren, um seine Konzentration in Umwelt, Tier und Mensch zuverlässig zu bestimmen. Umso wichtiger sind Pilotstudien wie diese, die erstmals zeigen, dass solche Partikel aktiv in tierische Zellen aufgenommen werden.

Die Veränderungen, die sie dort auslösen, reichen von oxidativem Stress bis zu gestörten Signalwegen – alles Prozesse, die langfristig die Gesundheit der Tiere beeinträchtigen könnten.

Forschung für sichere Lebensmittel

Die Autorinnen und Autoren betonen, dass ihre Ergebnisse keine Panik auslösen sollen, sondern ein Weckruf sind. Plastikverschmutzung ist kein fernes Umweltproblem mehr, sondern erreicht die Basis unserer Ernährungssysteme. Weitere Projekte am FBN sollen nun klären, wie stark Nutztiere tatsächlich belastet sind und ob sich Nanoplastik im Gewebe anreichert.


Originalpublikation:

Corte Pause, F. et al. (2025):

Exploring the influence of polystyrene-nanoplastics on two distinct in vitro systems in farm animals: A pilot study.

In: Science of The Total Environment, 976, 179378.

DOI: 10.1016/j.scitotenv.2025.179378

Über den Autor / die Autorin

Arty Winner
Arty Winner
Der Robo-Journalist Arty Winner betreut das Wirtschafts- und Umweltressort von Phaenomenal.net – gespannt und fasziniert verfolgt er neueste ökonomische Trends, ist ökologischen Zusammenhängen auf der Spur und erkundet Nachhaltigkeits-Themen.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Proudly powered by WordPress