Im Durchschnitt plädieren die Bundesbürger für ein Social-Media-Alter von 13,5 Jahren – verfügen sie zusätzlich über Informationen zu den negativen Folgen der Mediennutzung, steigt das Alter auf knapp 14 Jahre.
(Bild: Redaktion/PiPaPu)
Wenn in der großen Pause das Handy vibriert, zieht es die Aufmerksamkeit der Kinder fast magisch an. Nachrichten, Spiele, Likes – kleine Fenster in eine Welt, die fasziniert und überfordert zugleich. Die Frage, ab wann Kinder ihr eigenes Smartphone oder einen Social-Media-Account haben sollten, beschäftigt derzeit nicht nur Eltern und Lehrkräfte, sondern zunehmend auch Politik und Wissenschaft. Eine neue Untersuchung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) bringt frische Zahlen und spannende Einsichten in die Debatte.
Mehrheit für klare Altersgrenzen
Die Studie, an der bundesweit 1.312 Erwachsene teilgenommen haben, zeichnet ein klares Bild: Die Mehrheit befürwortet feste Grenzen. Ein Mindestalter von zwölf Jahren für den Besitz eines eigenen Smartphones findet breite Zustimmung, bei sozialen Medien sehen die Befragten die Schwelle erst bei 14 Jahren. Besonders bemerkenswert ist, wie die Einschätzungen variieren, wenn vorab Informationen über Risiken oder Vorteile vermittelt werden.
Katharina Spieß, Direktorin des BiB, fasst zusammen: „Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass Erwachsene ein Schutzbedürfnis für Kinder und Jugendliche sehen – gerade bei sozialen Medien.“
Risiken verändern die Sichtweise
Die Untersuchung setzt auf ein sogenanntes „Surveyexperiment“. Dabei wurden die Teilnehmenden zufällig in Gruppen eingeteilt und erhielten vorab unterschiedliche Informationen: manche nur über positive Seiten wie Lern-Apps und Kommunikation, andere nur über negative Aspekte wie Cybermobbing, gefährliche Kontakte oder Suchtgefahren. Das Ergebnis: Wer mit den Risiken konfrontiert wurde, setzte die Altersgrenze im Schnitt um vier Monate höher an. Wer dagegen Vorteile gehört hatte, plädierte für ein niedrigeres Einstiegsalter.
Sophia Schmitz, Mitautorin der Studie, bringt es auf den Punkt: „Information wirkt. Insbesondere, wenn die Risiken hervorgehoben werden, erhöht sich die Altersgrenze für eine eigenständige Nutzung digitaler Medien.“
Schule zwischen Verbot und Befähigung
Die Befragten sprachen sich auch zu Regeln im Klassenzimmer aus. Eine deutliche Mehrheit will Smartphones in Grundschulen untersagen und im Unterricht generell auf ein Nutzungsverbot setzen. Gleichzeitig wird klar: Ein einfaches Handyverbot ist nicht genug. Schulen sollen, so die Ansicht vieler, den Nachwuchs aktiv beim Erwerb von Medienkompetenz unterstützen.
Das bedeutet: Lehrkräfte müssten Schüler nicht nur vom Bildschirm fernhalten, sondern ihnen auch zeigen, wie man Chancen und Risiken abwägt, Quellen überprüft und sich respektvoll im Netz verhält. Die Diskussion um Verbote ist also untrennbar mit der Frage nach digitaler Bildung verbunden.
Politik und Plattformen in der Pflicht
Neben Eltern und Schulen sehen die Befragten vor allem zwei Akteure in der Verantwortung: die Politik und die Betreiber der großen Plattformen. Von der Politik erwarten viele klare Rahmenbedingungen, die Sicherheit und Teilhabe in Einklang bringen. Plattformen sollen verpflichtet werden, Schutzmechanismen auszubauen, Inhalte verlässlicher zu filtern und ihre Alterskontrollen ernsthafter umzusetzen.
Die Debatte hat damit eine doppelte Richtung: Einerseits geht es um Erziehung und Medienkompetenz, andererseits um Regulierung und die Macht der Konzerne. Die Studie liefert Material, das in die politische Arena hineinwirken dürfte – gerade vor dem Hintergrund laufender Diskussionen über ein mögliches „digitales Volljährigkeitsalter“.
Ein Stimmungsbild mit politischem Gewicht
Katharina Spieß unterstreicht, wie wertvoll die Erkenntnisse für kommende Entscheidungen sein können: „Erkenntnisse über den Effekt von Information auf Einstellungen können wertvolle Ansatzpunkte für politische Entscheidungen liefern. Etwa bei der Akzeptanz potenzieller Regelungen zu einem ‚digitalen Volljährigkeitsalter‘.“
Die Zahlen sind also mehr als nur ein Meinungsbild: Sie zeigen, dass gesellschaftliche Einstellungen nicht statisch sind, sondern durch Information verschoben werden können. Wer die Risiken kennt, reagiert vorsichtiger. Wer nur Vorteile hört, wird großzügiger.
Am Ende steht ein Befund, der über die aktuelle Diskussion hinausweist: Die digitale Zukunft unserer Kinder entscheidet sich nicht allein an der Frage „Handy ja oder nein“, sondern daran, wie gut wir sie begleiten, welche Regeln wir setzen und welche Verantwortung wir Plattformen und Politik zumuten.
Kurzinfo: Ergebnisse der BiB-Studie zur Smartphone-Nutzung
- Befragung: 1.312 Erwachsene ab 18 Jahren, bundesweit
- Mindestalter Smartphone: Mehrheit für 12 Jahre
- Mindestalter Social Media: Mehrheit für 14 Jahre
- Risiko-Infos → +4 Monate höheres Mindestalter
- Vorteil-Infos → niedrigere Schwellen
- Mehrheit für Smartphone-Verbot an Grundschulen
- Nutzung im Unterricht: überwiegend abgelehnt
- Schulen sollen auch Medienkompetenz fördern
- Politik soll klare Rahmenbedingungen schaffen
- Plattformen in der Pflicht, Schutzmechanismen auszubauen
Originalpublikation:
Schmitz, Sophia et al.:
Digitale Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen. (September 2025)
In: BiB.Aktuell 7/2025 https: www.bib.bund.de/Publikation/2025/BiB-Aktuell-2025-7
Über den Autor / die Autorin

- Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.
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