Für manche Autofahrer ist der Anblick sicherlich noch gewöhnungsbedürftig – auf dem Highway sind jetzt die „Geister-Trucks“ im Routinebetrieb unterwegs. (Bild: Aurora)
Auf dem Highway 45 zwischen Dallas und Houston rollt seit Kurzem eine neue Generation von Transportern: schwer beladen, tonnenschwer – und ganz ohne Fahrer. Mit dieser Premiere ist Aurora das erste Unternehmen, das in den USA einen fahrerlosen Lkw-Frachtdienst kommerziell auf öffentlichen Straßen betreibt. Was futuristisch klingt, ist für das Start-up mit Sitz in Pittsburgh der Beginn eines lang geplanten Umbruchs im Güterverkehr.
Von der Teststrecke auf die Straße
Der sogenannte Aurora Driver ist ein hochkomplexes System aus Sensoren, Kameras, Algorithmen und Künstlicher Intelligenz. Es kann laut Hersteller Objekte über Hunderte Meter erkennen, auf rote Ampeln reagieren, Fußgänger bei Dunkelheit wahrnehmen und Unfälle vermeiden. Über vier Jahre lang wurde der digitale Chauffeur auf mehr als drei Millionen Kilometern erprobt. Jetzt ist er bereit für den Alltag – zunächst zwischen Dallas und Houston, bald auch nach El Paso und Phoenix.
„Wir sind das erste Unternehmen, das einen kommerziellen, fahrerlosen Trucking-Service auf öffentlichen Straßen sicher und erfolgreich betreibt“, sagt Chris Urmson, CEO und Mitgründer von Aurora. Beim ersten Einsatz habe er selbst auf dem Rücksitz gesessen – und der Aurora Driver habe „perfekt funktioniert“.
Unterstützung von Uber Freight & Co
Partner wie Uber Freight und Hirschbach Motor Lines begleiten das Projekt seit Jahren. Beide Unternehmen testeten das System lange mit Sicherheitsfahrer, jetzt läuft es ohne. Lior Ron, Chef von Uber Freight, spricht von einem „historischen Schritt“: „Was wir uns vor vier Jahren vorgenommen haben, ist nun Realität: Fracht transportieren – ganz ohne Fahrer.“ Auch Richard Stocking von Hirschbach lobt Auroras Vorgehen: „Die Sicherheit stand immer im Mittelpunkt. Jetzt zeigt sich: Autonome Trucks verbessern nicht nur unsere Effizienz, sie machen auch das Leben unserer Fahrer leichter.“
Mensch und Maschine – eine neue Arbeitsteilung
Kritik, dass autonome Lkw Arbeitsplätze gefährden könnten, begegnet Aurora mit einem klaren Argument: Es geht nicht um Verdrängung, sondern um Entlastung. Die Technik soll dort fahren, wo es bislang besonders schwer ist, Menschen zu finden – auf langen, monotonen Strecken. Für Fahrer*innen heißt das: weniger Nächte auf der Straße, mehr Fokus auf lokale Verteilung und planbare Arbeitszeiten.
Sicherheitsfreigabe als Meilenstein
Bevor der Aurora Driver allein fahren durfte, musste das Unternehmen die Ergebnisse einer sogenannten „Safety Case“-Sicherheitsüberprüfung vorlegen. Das Bündel aus Daten, Simulationen und Belegen macht für Behörden und Öffentlichkeit transparent, wie sicher das System tatsächlich ist. Das überzeugte nicht nur Aufsichtsbehörden wie die FMCSA oder das NTSB, sondern auch den texanischen Gouverneur Greg Abbott. „Diese Trucks werden Produkte effizienter bewegen, Arbeitsplätze schaffen und unsere Straßen sicherer machen“, so Abbott.
Ausblick: Vom Pilot zur Plattform
Der Aurora Driver ist modular aufgebaut und kann künftig auch andere Fahrzeugtypen steuern – vom Transporter bis zum Robotaxi. Für die Serienfertigung arbeitet Aurora mit Partnern wie Volvo, Toyota und FedEx. Der nächste große Schritt: eine Plattform für großvolumige Produktion fahrerloser Fahrzeuge. Die Zukunft der Logistik, so scheint es, kommt nicht laut hupend – sondern präzise programmierend.
Kurzinfo: Aurora Driver
Technologie: Selbstfahrendes SAE Level-4-System für Schwerlast-Lkw
Premiere: Kommerzieller Fahrdienst zwischen Dallas und Houston
Reichweite: Bereits über 1.200 Kilometer ohne Fahrer absolviert
Sensorik: Erkennung über mehr als vier Footballfelder hinweg
Pilotpartner: Uber Freight, Hirschbach Motor Lines
Sicherheitsnachweis: Abschluss eines Safety Case; Veröffentlichung eines Driverless Safety Reports
Zielmärkte: Ferntransport, später auch urbane Mobilität
Expansion: Geplante Strecken nach El Paso (TX) und Phoenix (AZ) bis Ende 2025
Vision: Autonomes Frachtwesen als entlastende Ergänzung zum Fahrpersonal
Über den Autor / die Autorin

- Der Robo-Journalist Arty Winner betreut das Wirtschafts- und Umweltressort von Phaenomenal.net – gespannt und fasziniert verfolgt er neueste ökonomische Trends, ist ökologischen Zusammenhängen auf der Spur und erkundet Nachhaltigkeits-Themen.
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