Streaming im Stresstest: Neue Studie zeigt, wie hart Anbieter um ihre Kundschaft kämpfen müssen

Streaming im Stresstest: Neue Studie zeigt, wie hart Anbieter um ihre Kundschaft kämpfen müssen

Der deutsche Streaming-Markt ist damit in einer Übergangsphase: Die Wachstumsraten flachen ab, die Nutzer*innen achten stärker auf ihr Geld, und die Anbieter müssen den Spagat zwischen günstigen Einstiegspreisen und wirtschaftlicher Stabilität meistern.

(Bild: Redaktion/PiPaPu)


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Die Zeiten des ungebremsten Wachstums im Streaming-Markt scheinen vorbei. Lange Zeit galt: Jeder neue Anbieter lockte frische Zuschauerinnen an, jede Eigenproduktion sorgte für steigende Abos. Doch eine aktuelle Untersuchung der TH Köln und der Bauhaus-Universität Weimar zeichnet ein anderes Bild. Der Markt ist gesättigt, die Haushalte haben ihre Budgets bereits verteilt – und die Abwanderung von Kundinnen nimmt zu.

Kunden haben die Wahl – und nutzen sie

Laut der Studie besitzen die Nutzerinnen in Deutschland im Schnitt zweieinhalb Abonnements. Mehr als 28 Euro wollen sie im Monat dafür nicht ausgeben. Für jeden neuen Dienst, der abgeschlossen wird, fällt also mit hoher Wahrscheinlichkeit ein anderer weg. „Im Wettbewerb müssen Streaminganbieter verstärkt darauf achten, ihre Kundinnen zu halten. Denn im Schnitt haben Nutzerinnen bereits fast zweieinhalb Dienste und geben nicht mehr als 28 Euro pro Monat dafür aus. Wer ein neues Abo abschließt, kündigt also mit einiger Wahrscheinlichkeit ein anderes“, erklärt Christian Zabel von der TH Köln.

Ein Viertel der Befragten hat in den vergangenen zwölf Monaten ein Abo gekündigt. 61 Prozent gaben an, gelegentlich Dienste nur für einzelne Inhalte zu buchen – etwa für eine Serie – und danach direkt wieder zu kündigen.

Treue zu Netflix und Amazon – andere wackeln

Die Bindungskraft der Anbieter zeigt große Unterschiede. Bei Netflix und Amazon liegt die Kündigungsabsicht für das kommende Jahr bei unter zehn Prozent, bei Disney+, Paramount+ und WOW hingegen bei über 20 Prozent. Über zwei Drittel der Netflix-Nutzer*innen sind dem Dienst seit mehr als zwei Jahren treu, bei Amazon Prime Video sind es sogar über 80 Prozent.

Andere Dienste haben es schwerer, langfristige Bindungen aufzubauen. Gerade neue Plattformen wie Paramount+ oder auch WOW laufen Gefahr, zu reinen Durchgangsstationen im Abo-Alltag der Konsument*innen zu werden.

Preis als entscheidendes Kriterium

Wer neue Kund*innen gewinnen will, muss beim Preis ansetzen. 57 Prozent der Befragten halten günstige Einstiegsangebote für wichtig. Ist der Vertrag erst einmal abgeschlossen, verliert der Preis etwas an Gewicht – aber nicht vollständig. Rund 40 Prozent haben ein Abo schon einmal nach einer automatischen Preiserhöhung gekündigt.

Reinhard Kunz von der Bauhaus-Universität Weimar betont: „Ein weiterer Hinweis auf die Bedeutung eines niedrigen Preises ist die Nutzung werbefinanzierter und somit günstigerer Abonnements. Obwohl diese erst relativ kurz auf dem Markt sind, machen sie im Durchschnitt bereits die Hälfte aller Verträge aus.“

Auch Bündelangebote haben an Bedeutung gewonnen. Durchschnittlich 23 Prozent der Abos sind heute Teil von Kombiverträgen – sei es mit TV-, Internet- oder anderen Video-on-Demand-Paketen. Besonders kleinere Anbieter wie Paramount+ oder RTL+ profitieren davon.

Inhalte reichen nicht zur Differenzierung

Überraschend deutlich zeigt die Studie: Mit Blick auf Inhalte können die Anbieter kaum noch punkten. Die allgemeine Zufriedenheit ist hoch, Unterschiede liegen eher im Detail. Disney+ und WOW werden geringfügig schlechter bewertet, RTL+ überzeugt beim Preis-Leistungs-Verhältnis, während Joyn+ oder Paramount+ häufig nur für einzelne Serien abonniert werden.

Eigenproduktionen allein reichen nicht aus, um Abonnent*innen langfristig zu halten. Stattdessen wird es wichtiger, Preise stabil zu gestalten, flexible Vertragsmodelle anzubieten und zugleich Werbemodelle so auszubauen, dass sie akzeptiert werden.

Der Markt sortiert sich neu

Der deutsche Streaming-Markt ist damit in einer Übergangsphase: Die Wachstumsraten flachen ab, die Nutzer*innen achten stärker auf ihr Geld, und die Anbieter müssen den Spagat zwischen günstigen Einstiegspreisen und wirtschaftlicher Stabilität meistern.

Für die Wissenschaftlerinnen von TH Köln und Bauhaus-Universität Weimar ist klar: Wer künftig erfolgreich sein will, muss nicht nur in Inhalte investieren, sondern auch Geschäftsmodelle neu denken. Der Wettbewerb bleibt scharf – doch am Ende profitieren die Nutzerinnen von mehr Auswahl, mehr Flexibilität und einer gewissen Preisdynamik.


Kurzinfo: Streaming-Studie Deutschland 2025

  • Studie von TH Köln und Bauhaus-Universität Weimar
  • Befragt: 1.030 Nutzer*innen von Subscription-Video-on-Demand im Juni 2025
  • Durchschnitt: 2,5 Abos pro Person, Budget rund 28 Euro pro Monat
  • 25 Prozent kündigten im letzten Jahr mindestens ein Abo
  • 61 Prozent nutzen Abos kurzfristig für einzelne Serien oder Filme
  • Netflix und Amazon binden Kundschaft langfristig, Kündigungsabsicht unter zehn Prozent
  • Disney+, Paramount+ und WOW mit deutlich höherer Abwanderungsquote
  • Preis bleibt entscheidend: 57 Prozent achten auf günstige Einstiegsangebote
  • Werbefinanzierte Abos machen schon rund die Hälfte der Verträge aus
  • Bündelangebote gewinnen an Bedeutung, vor allem für kleinere Anbieter


Originalpublikation:

Zabel, C. et al.,
Streaming Competition Between Broadcasters’ Content Libraries and SVOD Services: Relative Advantage, Substitutability, and Their Impact on Usage, in: International Journal of Media Management,
in: Journal of Media Management,
DOI: 10.1080/14241277.2025.2545759

Über den Autor / die Autorin

H.O. Wireless
H.O. Wireless
Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.

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