Nahaufnahme der winzigen Nadel, die bei der neuen Drucktechnologie zum Einsatz kommt – sie ermöglicht Druckmuster mit submikrometrischer Präzision.
(Bild: Alex Sanchez, Duke University)
Kurzinfo: Nachhaltiger Displaydruck mit Kohlenstofftinten
- Ziel: vollständiger Recyclingkreislauf für Elektronik
- Entwickelt von Duke University in Kooperation mit Hummink Technologies
- Druckbare, vollständig recycelbare Transistoren auf Kohlenstoffbasis
- Präzisions-Kapillardruck ermöglicht Strukturen unter 1 Mikrometer
- Einsatzfelder: Displays, Sensoren, flexible Elektronik
- Potenzial für nachhaltige US-Fertigung
- Marktvolumen für Displays: über 150 Milliarden US-Dollar
Hinter jedem Bildschirm steckt ein kaum sichtbares Wunderwerk aus Elektronik – und ein großes Umweltproblem. Millionen ausrangierter Displays landen jedes Jahr auf Deponien, weniger als ein Viertel wird recycelt. Gleichzeitig wächst der Energiehunger der Produktion. Forschende der Duke University wollen das nun ändern – mit einer neuartigen Drucktechnik, die ausgerechnet den Herstellungsprozess selbst nachhaltiger machen könnte.
Carbon statt Silizium
Die Basis der Innovation liegt in einer Kombination aus drei Kohlenstoff-Tinten – Nanoröhrchen, Graphen und Nanocellulose. Sie können auf Glas, Silizium oder sogar Papier gedruckt werden. Anders als herkömmliche Verfahren nutzt die neue Technik keine energieintensiven Vakuumanlagen. Stattdessen zieht ein winziges Kapillarsystem die Tinte aus einer mikroskopisch feinen Pipette – ähnlich wie ein Papiertuch Wasser aufsaugt.
Aaron Franklin, Professor für Elektrotechnik und Chemie an der Duke University, beschreibt das Potenzial: „Wenn wir ernsthaft die US-amerikanische Elektronikfertigung stärken wollen, brauchen wir transformative Technologien. Unser Verfahren druckt vollständig recycelbare Transistoren mit vergleichbarer Leistung zu Industriestandards. Das verdient mehr Aufmerksamkeit.“
Ein neuer Maßstab im Mikrobereich
Die bisherigen gedruckten Elektroniken litten unter einer technischen Grenze: Strukturen kleiner als zehn Mikrometer waren nicht möglich. Das beschränkte ihren Einsatz im Bereich moderner Displays. Mit dem neuen Verfahren, entwickelt in Zusammenarbeit mit dem französischen Unternehmen Hummink Technologies, gelang nun der Sprung unter die Mikrometergrenze.
Die Maschine nutzt die Kräfte zwischen Flüssigkeit und Oberfläche so präzise, dass feinste Linien und Abstände entstehen – Grundlage für leistungsfähige Dünnschichttransistoren (TFTs). Diese winzigen Bauteile steuern jedes einzelne Pixel eines Displays. Je kleiner der Kanal zwischen den Elektroden, desto besser die elektrische Leistung.
Recycelbare Displays in Sichtweite
Noch ersetzt die Technik keine Siliziumchips, aber sie könnte eine Lücke füllen: im riesigen Markt für Bildschirme, Sensoren und flexible Elektronik. „Diese Herstellungsverfahren werden nie Hochleistungs-Computerchips verdrängen“, sagt Franklin, „doch es gibt Märkte, in denen sie wettbewerbsfähig – und sogar wegweisend – sein könnten.“
Tatsächlich konnte das Team bereits zeigen, dass die recycelbaren Transistoren einfache LCD-Pixel ansteuern. Für OLED-Displays, die mehr Strom benötigen, sei man kurz davor, die nötige Leistung zu erreichen. Die Kombination aus Nachhaltigkeit und Präzision weckt Hoffnungen auf eine neue Generation grüner Displays.
Energie sparen, Emissionen senken
Das Umweltpotenzial ist enorm: Der neue Druckprozess benötigt deutlich weniger Energie und verursacht erheblich weniger Treibhausgase als herkömmliche Methoden. Statt giftiger Chemikalien kommen ungiftige Kohlenstoffverbindungen zum Einsatz, die sich am Ende vollständig wiederverwerten lassen.
Franklin betont den praktischen Nutzen: „Displays, die mit einer ähnlichen Technik gefertigt werden, sind die realistischste großskalige Anwendung, die je aus meinem Labor hervorgegangen ist. Das Einzige, was noch fehlt, ist genügend Investition und Interesse, um die verbleibenden Hürden zu überwinden.“
Vom Labor zum Markt
Damit sich die Technologie durchsetzt, braucht es mehr als wissenschaftliche Machbarkeit: industrielle Partner, Investoren und politische Unterstützung. Der Markt für elektronische Displays hat ein Volumen von über 150 Milliarden US-Dollar – eine Branche, die bisher von Asien dominiert wird. Die Duke-Forschung könnte ein Baustein sein, um nachhaltige Fertigung in den USA zu verankern.
Die Vision: Bildschirme, die nicht nur heller, sondern auch sauberer strahlen – und deren Lebenszyklus vom Druck bis zum Recycling in einem umweltfreundlichen Kreislauf geschlossen bleibt.
Originalpublikation:
Brittany N. Smith et al., “Capillary flow printing of submicrometre carbon nanotube transistors.”
in: Nature Electronics, 2025.
DOI: 10.1038/s41928-025-01470-7
Über den Autor / die Autorin

- Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.
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