Tradwife-Influencerinnen erzeugen starke Bilder und einfache Erzählungen – vom perfekten Heim bis zum moralischen Kompass der Kernfamilie. Doch die große Mehrheit der Frauen teilt diese Ansichten nicht, mehr als 80 Prozent sind für eine gerechte Rollenverteilung.
(Bild: Redaktion/PiPaPu)
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Kurzinfo: BiB-Studie entzaubert Tradwives-Hype
- BiB-Analyse zu Einstellungen junger Frauen 20 bis 30 Jahre
- Datenbasis FReDA Panel 2021 und 2023 mit 2.709 Befragten
- 62,2 Prozent konsistent egalitär in Rollenfragen
- 19,3 Prozent egalitär mit Vereinbarkeitszweifeln
- 18,5 Prozent mit Tradwife-nahen Überzeugungen
- Höhere formale Bildung korreliert mit egalitäreren Haltungen
- Social Media erzeugt Sichtbarkeit aber nicht Mehrheitsrealität
Ein Trend schwappt durch Feeds und Talkshows: „Tradwives“ inszenieren Hausarbeit als Erfüllung und die Ehe als heiligen Bund. Hinter dem glitzernden Retro-Filter steht jedoch ein nüchterner Befund: In Deutschland halten die meisten jungen Frauen wenig von starren Rollen. Das zeigt eine neue Analyse des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) auf Basis von 2.709 Befragten zwischen 20 und 30 Jahren aus dem FReDA-Panel (Erhebungen 2021 und 2023).
Die Zahlen setzen einen Punkt gegen die Lautstärke der sozialen Netzwerke. Knapp zwei Drittel – genau 62,2 Prozent – zeigen ein konsistent egalitäres Rollenverständnis. Sie sehen weder die Erwerbstätigkeit von Müttern pauschal als Risiko noch die klassische Arbeitsteilung als beste Lösung.
Egalität als Norm, nicht als Nische
Diese größte Gruppe steht für Partnerschaft im Alltag: Kita-Bringdienst, Lohnarbeit und Sorgearbeit sollen geteilt werden. Dr. Sabine Diabaté vom BiB ordnet ein: „Sie stehen für eine partnerschaftliche Arbeitsteilung bei Familie und Beruf und befürworten gleichstellungsbezogene Grundsätze.“ Dass sich dieses Bild stabil hält, ist bemerkenswert, weil der Social-Media-Strom andere Geschichten erzählt.
Im Alltag oft eine skeptische Haltung
Rund 19,3 Prozent der Befragten plädieren zwar für Gleichstellung, zweifeln aber die Vollzeit-Erwerbstätigkeit von Eltern aus Sicht der Kinder an. Sie wollen Vereinbarkeit – und vermuten Grenzen. In der Praxis heißt das oft: Teilzeit, flexible Modelle, mehr Zeitfenster für Betreuung.
Etwa 18,5 Prozent entsprechen in ihren Einstellungen dem Tradwife-Ideal: Mutterschaft als Lebensaufgabe, Ehe als Leitstern, traditionelle Arbeitsteilung als Norm. Sichtbar ist die Gruppe vor allem online – und damit reichweitenstark. Im Alltag prägt sie jedoch nicht die Mehrheit der Lebensentwürfe.
Religion, Status, Bildung: wer eher Traditionalität bejaht
Die vertiefte Auswertung zeigt: Religiosität, Ehe und bereits gelebte Elternschaft korrelieren mit traditionellem Denken; formale Bildung wirkt in die Gegenrichtung. Mitautorin Dr. Leonie Kleinschrot erklärt: „Höher gebildete Frauen machen im Durchschnitt eher beruflich Karriere und sind häufiger finanziell unabhängig. Womöglich sind sie dadurch egalitärer eingestellt und hinterfragen traditionelle Rollenbilder – oder sie wählen gerade wegen ihrer egalitären Überzeugungen emanzipatorische Lebensentwürfe.“
Originalpublikation:
Diabaté, Sabine et al.,
Tradwives – mehr Hype als Realität? Einstellungen junger Frauen zur weiblichen Rolle,
in: BiB.Aktuell 8/2025
https://www.bib.bund.de/Publikation/2025/BiB-Aktuell-2025-8
Über den Autor / die Autorin

- Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.
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