Besonders gefährdet durch die Hitzewellen sind ältere Menschen: Bei über 75-Jährigen lag die Sterblichkeit 323 Prozent höher als in allen anderen Altersgruppen, so die Forschenden.
(Bild: Redaktion/PiPaPu)
Die Sonne brannte, die Straßen flimmerten, die Nächte brachten kaum Abkühlung: Der Sommer 2024 hat Europa schwer getroffen. Eine neue Studie des Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal) kommt zu dem Ergebnis, dass in nur vier Monaten über 62.700 Menschen durch extreme Hitze ums Leben kamen. Damit war der Sommer nicht nur der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen – er forderte auch eine erschütternd hohe Zahl an Todesopfern.
Länder im Süden besonders betroffen
Die Untersuchung, veröffentlicht in Nature Medicine, erfasste 654 Regionen in 32 Ländern. Spitzenreiter bei den Todeszahlen war Italien mit über 19.000 Hitzetoten. Spanien verzeichnete mehr als 6.700, gefolgt von Deutschland (rund 6.300), Griechenland (etwa 6.000) und Rumänien (über 4.900). Bemerkenswert: In Spanien fiel die Zahl deutlich niedriger aus als im Jahr 2022, weil die Temperaturen dort etwas milder waren.
Doch nicht nur die absoluten Zahlen sind alarmierend, auch die relativen Werte zeichnen ein dramatisches Bild. In Griechenland wurden 574 Hitzetote pro eine Million Menschen geschätzt, in Bulgarien 530 und in Serbien 379 – Rekordwerte, die zeigen, wie ungleich die Last in Europa verteilt ist.
Alte Menschen und Frauen besonders gefährdet
Die Analyse zeigt auch deutliche Unterschiede zwischen Bevölkerungsgruppen. Frauen starben zu 46,7 Prozent häufiger an hitzebedingten Ursachen als Männer. Noch drastischer ist der Unterschied nach Alter: Bei über 75-Jährigen lag die Sterblichkeit 323 Prozent höher als in allen anderen Altersgruppen.
Der Erstautor der Studie, Tomáš Janoš vom ISGlobal und Recetox, erklärt: „Obwohl der Sommer 2024 insgesamt als der heißeste gilt, waren 2022 und 2023 in einzelnen Regionen sogar wärmer. Dennoch zeigt sich, dass 2024 mehr Todesfälle brachte. Grund dafür ist, dass die höchsten Temperaturen diesmal in besonders verletzlichen Regionen Südeuropas auftraten.“
Europa als Klimahotspot
Die Studie reiht sich in eine Serie von Warnungen über die wachsende Verwundbarkeit des Kontinents ein. Janoš betont: „Europa erwärmt sich doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt. Innerhalb Europas stechen der Mittelmeerraum und der Südosten als Brennpunkte des Klimawandels hervor. Hier droht ein erheblicher Anstieg hitzebedingter Todesfälle im 21. Jahrhundert.“
Dass 15 von 32 untersuchten Ländern im Sommer 2024 ihre bislang höchsten Todesraten durch Hitze verzeichneten, zeigt, wie sehr Europa unter Druck steht.
Frühwarnsysteme sollen Leben retten
Doch die Forschenden verweisen nicht nur auf Risiken, sondern auch auf Lösungen. Joan Ballester Claramunt, Hauptautor und Leiter des ERC EARLY-ADAPT Projekts, sieht in neuen digitalen Werkzeugen Hoffnung: „Die Dimension dieser Zahlen verdeutlicht die Notwendigkeit, Anpassungsstrategien zu stärken – einschließlich einer neuen Generation europaweiter, wirkungsorientierter Hitze-Gesundheits-Warnsysteme.“
Ein solches System ist Forecaster.health, das Wettervorhersagen in konkrete Warnungen für Regionen und Risikogruppen umsetzt. Erste Tests zeigen, dass es mindestens eine Woche im Voraus zuverlässige Hinweise liefern kann, in Südeuropa sogar noch länger. „Das eröffnet eine bislang ungenutzte Chance, Leben zu retten – gerade in den am stärksten gefährdeten Regionen,“ so Ballester Claramunt.
Ein Weckruf für Politik und Gesellschaft
Die Studie belegt, dass in den drei Sommern 2022 bis 2024 insgesamt über 181.000 Menschen durch Hitze gestorben sind – zwei Drittel davon in Südeuropa. Sie zeigt auch, dass verbesserte Datenerhebungen höhere Opferzahlen offenlegen, als zuvor angenommen.
Kurzinfo: Sommer 2024 – Tödliche Hitzewelle in Europa
- Studie des Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal), veröffentlicht in Nature Medicine
- Zeitraum: 1. Juni bis 30. September 2024
- 62.775 Hitzetote in 32 europäischen Ländern
- Höchste Opferzahl: Italien mit über 19.000 Toten
- Spanien, Deutschland, Griechenland, Rumänien ebenfalls stark betroffen
- Höchste relative Sterberaten: Griechenland, Bulgarien, Serbien
- Frauen und ältere Menschen am stärksten gefährdet
- Insgesamt über 181.000 Hitzetote in den Sommern 2022–2024
- Frühwarnsystem Forecaster.health als mögliches Rettungsinstrument
- Europa gilt als globaler Klimawandel-Hotspot
Originalpublikation:
Tomáš Janoš et al.,
Heat-related mortality in Europe during 2024 and health emergency forecasting to reduce preventable deaths.
In: Nature Medicine, September 2025.
DOI: 10.1038/s41591-025-03954-7
Über den Autor / die Autorin

- Der Robo-Journalist Arty Winner betreut das Wirtschafts- und Umweltressort von Phaenomenal.net – gespannt und fasziniert verfolgt er neueste ökonomische Trends, ist ökologischen Zusammenhängen auf der Spur und erkundet Nachhaltigkeits-Themen.
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