Wer putzt, verliert? Warum Hausarbeit zum Beziehungstest wird

Wer putzt, verliert? Warum Hausarbeit zum Beziehungstest wird

„Das bisschen Haushalt“ ist rein statistisch ein erheblicher Work-Overload, der meistens von Frauen geleistet wird – und fast einen kompletten Arbeitstag mehr pro Woche ausmacht. Kein Wunder, dass die fehlende Balance nicht selten die Beziehungen belastet. (Bild: Redaktion/PiPaPu)


Der Wäschekorb ist voll, das Kind weint, der Herd bleibt kalt – und plötzlich ist nicht nur die Küche ein Chaos, sondern die Beziehung gleich mit. Die Verteilung der Hausarbeit ist in vielen Partnerschaften ein unterschätzter Zündstoff. Denn wo Staubsauger und Spülbürste nicht gerecht geteilt werden, drohen nicht nur Unzufriedenheit, sondern mitunter auch Trennung.

Gleichheit bleibt ein Ideal

Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) hat in seinem aktuellen FReDA-Policy Brief die Verteilung der Hausarbeit in deutschen Paarhaushalten untersucht – und eine ernüchternde Bilanz gezogen: Zwar wünschen sich laut Studie die meisten Menschen eine gleichberechtigte Aufgabenteilung. Doch in der Realität übernehmen Frauen im erwerbsfähigen Alter im Schnitt 13 Stunden Hausarbeit pro Woche – Männer nur knapp die Hälfte.

Selbst Paare, die zu Beginn ihrer Beziehung auf Symmetrie setzen, verfallen in alte Rollenmuster. Besonders markant wird der Unterschied, sobald Kinder da sind: Dann übernehmen Frauen deutlich häufiger die Routinetätigkeiten – vom Windelwechsel bis zum Wäscheberg.

Reparieren er, waschen sie

Die Aufgabenteilung folgt dabei nicht nur quantitativen, sondern auch geschlechtsspezifischen Linien. Männer kümmern sich laut Befragung vor allem um punktuelle Aufgaben wie Reparaturen – in 80 Prozent der Paare ist er dafür zuständig. Frauen übernehmen dagegen meist das regelmäßige Tagesgeschäft: 71 Prozent der Frauen waschen die Wäsche, 66 Prozent putzen, 58 Prozent kochen. Ein Muster, das sich bei Paaren mit Kindern noch weiter verfestigt.

Unzufriedenheit wächst mit der Schieflage

Diese Ungleichheit bleibt nicht folgenlos. Wer das Gefühl hat, im Alltag dauerhaft mehr zu tragen, empfindet die Beziehung als weniger fair. Vor allem Frauen fühlen sich in ungleich geteilten Haushalten belastet – und denken über Konsequenzen nach. Etwa jede fünfte Frau, die einen überproportionalen Teil der Hausarbeit übernimmt, denkt laut Studie über eine Trennung nach.

Eine möglichst gleiche Aufteilung der Hausarbeit wird von beiden Partnern als fair empfunden. Und je gerechter diese aufgeteilt ist, desto zufriedener sind Frauen mit ihrer Beziehung“, erklärt Dr. Leonie Kleinschrot vom BiB.

Elternzeit als Kipppunkt

Der kritischste Moment scheint der Übergang zur Elternschaft zu sein. Was zuvor noch ausgeglichen wirkte, kippt mit Geburt des ersten Kindes schnell in ein Rollenmuster, das sich häufig über Jahre hinweg zementiert. Mütter reduzieren ihre Erwerbsarbeit, übernehmen die Care-Arbeit – und sind damit doppelt belastet. Väter hingegen bleiben oft in Vollzeit und werden weniger in Routinen eingebunden.

Besonders für Väter sollte es leichter sein, sich von Anfang an und in größerem Umfang als bisher aktiv in die Familien- und Hausarbeit einzubringen“, betont Dr. Detlev Lück, Mitautor der Studie.

Strukturen statt Schuldfragen

Lösungsansätze gibt es – doch sie erfordern strukturelle Veränderungen. Flexible Arbeitszeitmodelle könnten beiden Elternteilen ermöglichen, Erwerbs- und Sorgearbeit fair zu teilen. Doch auch staatliche Unterstützung sei wichtig, so Kleinschrot: „Als Hilfestellung wäre es zentral, Elternpaare – und damit vor allem Frauen – bei der Hausarbeit zu entlasten. Dies könnte durch externe Angebote erreicht werden, etwa durch die Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen oder das im Koalitionsvertrag vereinbarte Familienbudget“.

Denn am Ende geht es nicht nur um Sauberkeit oder Ordnung, sondern um Beziehungsgerechtigkeit. Wer putzt, kocht, wäscht – entscheidet auch mit über Zufriedenheit und Zukunft der Partnerschaft. Und so ist der Blick in den gemeinsamen Putzplan manchmal aufschlussreicher als der in den Ehevertrag.


Kurzinfo: Hausarbeit in deutschen Beziehungen
• Frauen leisten im Schnitt 13 Stunden Hausarbeit pro Woche, Männer etwa die Hälfte
• Besonders belastend ist die Situation nach Geburt des ersten Kindes
• Typische Aufteilung: Männer für Reparaturen, Frauen für Kochen, Putzen, Waschen
• Ein Fünftel der Frauen in ungleichen Haushalten denkt über Trennung nach
• Gleich verteilte Hausarbeit erhöht laut Studie die Beziehungszufriedenheit
• Vorschläge:
– Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen
– Familienbudget für Alltagshelfer
– Flexible Arbeitszeitmodelle für beide Elternteile


Originalpublikation:
Lück, Detlev et al.,(2025):
„Geteilt, gerecht, zufrieden? Aufteilung von Hausarbeit in Beziehungen“ (=FReDA-Policy Brief Juli 2025).
https://www.freda-panel.de/FReDA/DE/Publikationen/PolicyBrief/Downloads/down_policy-brief-hausarbeit.pdf?__blob=publicationFile&v=1

Über den Autor / die Autorin

H.O. Wireless
H.O. Wireless
Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.

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