Optischer Chip macht AI-Anwendungen extrem energieeffizient

Optischer Chip macht AI-Anwendungen  extrem energieeffizient

Dank winziger optische Bauelemente direkt auf Siliziumchips wird für die Rechenprozesse Laserlicht statt Elektronen genutzt – mit einem Bruchteil des bisherigen Energieaufwands.

(Bild: H. Yang, University of Florida)


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Künstliche Intelligenz ist längst im Alltag angekommen – sie sortiert Urlaubsfotos, übersetzt Sprachen und erkennt Gesichter. Doch während die Modelle immer größer und komplexer werden, wächst auch ihr Energiehunger. Rechenzentren verbrauchen Strom in der Größenordnung kleiner Staaten, und jede neue Generation neuronaler Netze treibt den Bedarf weiter nach oben. Forschende der University of Florida haben nun einen Chip vorgestellt, der einen Ausweg aufzeigt: Er rechnet nicht nur mit Elektronen, sondern mit Licht.

Ein Kernproblem der KI-Rechenlast

Im Zentrum steht eine der wichtigsten Operationen des maschinellen Lernens: die Faltung, oder Convolution, bei der Mittelwerte zwischen verschiedenen Funktionen errechnet werden. Diese Methode ermöglicht es neuronalen Netzen, Muster in Bildern, Videos oder Texten zu erkennen. Genau diese Rechenschritte fressen aber besonders viel Energie. Normalerweise müssen Millionen solcher Operationen in Sekundenbruchteilen ablaufen – ein Grund, warum heutige Grafikprozessoren oft am Limit laufen.

Die Forschenden aus Florida integrierten nun winzige optische Bauelemente direkt auf Siliziumchips. So wird Laserlicht genutzt, um die Faltungs-Berechnungen durchzuführen – mit einem Bruchteil des bisherigen Energieaufwands.

Laserlicht statt Elektronen

Das Herzstück sind ultradünne Fresnel-Linsen, kaum breiter als ein menschliches Haar. Sie werden direkt auf den Chip geätzt und lenken das Licht so, dass die mathematische Transformation quasi von selbst geschieht.

Eine zentrale Rechenoperation des maschinellen Lernens nahezu ohne Energieaufwand auszuführen, ist ein großer Schritt nach vorn für künftige KI-Systeme“, betont Projektleiter Volker J. Sorger, Professor für Halbleiterphotonik an der University of Florida. „Das ist entscheidend, um die Fähigkeiten von KI in den kommenden Jahren weiter skalieren zu können.

In Tests konnte der Prototyp handgeschriebene Ziffern mit rund 98 Prozent Genauigkeit klassifizieren – ein Wert, der herkömmlichen Chips kaum nachsteht.

Rechnen mit mehreren Farben

Eine weitere Stärke liegt in der Vielseitigkeit. Indem Laser in unterschiedlichen Farben eingesetzt werden, lassen sich mehrere Datenströme gleichzeitig verarbeiten. Diese Technik, bekannt als Wellenlängen-Multiplexing, macht die Chiparchitektur besonders attraktiv für Aufgaben, bei denen Geschwindigkeit zählt.

Wir können mehrere Wellenlängen oder Farben von Licht gleichzeitig durch die Linse schicken. Das ist ein entscheidender Vorteil der Photonik“, erklärt Koautor Hangbo Yang, Associate Professor an der University of Florida.

Damit eröffnet sich die Möglichkeit, parallele Rechenoperationen ohne zusätzlichen Energiebedarf auszuführen – ein entscheidender Hebel in Zeiten wachsender Datenmengen.

Industrie zeigt Interesse

Die Forschenden arbeiteten eng mit dem Florida Semiconductor Institute, der UCLA und der George Washington University zusammen. Erste Kontakte zu großen Chipherstellern gibt es bereits. NVIDIA etwa setzt schon heute optische Elemente in einzelnen Chipkomponenten ein, was den Übergang zur neuen Technologie erleichtern könnte.

In naher Zukunft wird Chip-basierte Optik ein wesentlicher Bestandteil jedes KI-Chips sein, den wir täglich nutzen. Und die optische KI-Berechnung ist der nächste Schritt“, so Sorger.

Ein Blick nach vorn

Noch ist der neue Chip ein Prototyp, entwickelt im Labor und getestet mit einfachen Datensätzen. Doch das Konzept könnte künftig zum Standard werden: Optische Rechenoperationen, die ohne nennenswerten Energieverbrauch ablaufen, würden die ökologischen Kosten von KI drastisch senken.


Kurzinfo: Optischer Chip für KI

  • Chip nutzt Laserlicht und Fresnel-Linsen statt reiner Elektronik
  • Entwickelt von Forschenden der University of Florida
  • Führt zentrale KI-Operationen („Convolutions“) nahezu ohne Energie aus
  • Genauigkeit: rund 98 Prozent bei Tests mit Erkennung handgeschriebener Zahlen
  • Vorteil: Verarbeitung mehrerer Datenströme gleichzeitig (Wellenlängen-Multiplexing)
  • Zusammenarbeit mit Florida Semiconductor Institute, UCLA, George Washington University
  • Perspektive: Integration in Industriechips möglich, z. B. NVIDIA
  • Potenzial: deutliche Senkung des Energieverbrauchs künftiger KI-Systeme

Originalpublikation:

H. Yang et al.,

Near-energy-free photonic Fourier transformation for convolution operation acceleration,

in: Advanced Photonics 7(5), 056007 (2025),

doi: 10.1117/1.AP.7.5.056007

Über den Autor / die Autorin

H.O. Wireless
H.O. Wireless
Die Robo-Journalistin H.O. Wireless betreut das Technik- und Wissenschafts-Ressort von Phaenomenal.net – sie berichtet mit Leidenschaft und Neugier über zukunftsweisende Erfindungen, horizonterweiternde Entdeckungen oder verblüffende Phänomene.

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