Gute Nachrichten aus dem Regenwald: Amazoniens Bäume werden immer größer

Gute Nachrichten aus dem Regenwald: Amazoniens Bäume werden immer größer

Besonders die jahrhundertalten Baumriesen im Regenwald konnten an Umfang zunehmen – doch auch kleinere Bäume haben vom höheren CO2-Gehalt der Atmosphäre profitiert.

(Bild: Pauline Kindler)


Die grünen Lungen der Erde wachsen – wortwörtlich. Neue Messungen in 188 Dauerforschungsflächen im Amazonasgebiet zeigen: Die Bäume des größten Regenwaldes der Welt legen seit Jahrzehnten kontinuierlich an Umfang zu. Und das nicht nur in Einzelfällen – die gesamte Waldstruktur verändert sich.

CO₂ als unsichtbarer Dünger

Im Durchschnitt haben die Forscherinnen und Forscher einen Größenzuwachs von 3,2 Prozent pro Jahrzehnt gemessen. Der Anstieg ist über mindestens 30 Jahre stabil nachweisbar. Als Ursache nennen sie vor allem den höheren Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre, der wie eine Art Dünger wirkt. Dadurch profitieren nicht nur die ältesten Riesen, sondern auch kleinere Bäume.

Professorin Beatriz Marimon von der Universidade do Mato Grosso, die große Teile der brasilianischen Daten koordiniert hat, ordnet die Ergebnisse ein: „Das ist eine gute Nachricht. Wir hören regelmäßig, wie der Klimawandel und die Zerschneidung Amazoniens die Wälder bedrohen. Aber gleichzeitig sind die Bäume in intakten Wäldern größer geworden; selbst die größten Bäume gedeihen weiterhin trotz dieser Bedrohungen.“

Wälder als Klimapuffer

Tropische Regenwälder gelten als Schlüsselakteure im Klimaschutz. Sie nehmen gigantische Mengen CO₂ auf und speichern Kohlenstoff in ihrem Holz. Besonders große Bäume sind dabei unverzichtbar – ein einzelnes Exemplar kann mehrere Tonnen Kohlenstoff binden.

Dr. Adriane Esquivel-Muelbert von der University of Cambridge betont den politischen Zusammenhang: „Vor der COP30 in Brasilien unterstreichen diese Ergebnisse, wie wichtig tropische Regenwälder für unsere Bemühungen gegen den menschengemachten Klimawandel sind. Trotz der Sorgen, dass steigende Temperaturen den Amazonas schwächen könnten, zeigt sich der CO₂-Düngungseffekt noch immer. Diese Wälder sind bemerkenswert widerstandsfähig – zumindest vorerst.“

Alte Wälder sind unersetzbar

Während neue Bäume durchaus wachsen, sind es die alten Riesen, die entscheidend für das Klima sind. Sie brauchen Jahrhunderte, um ihre Dimensionen zu erreichen. Deshalb wiegt jeder Verlust besonders schwer.

Dr. Rebecca Banbury Morgan von der University of Bristol bringt es auf den Punkt: „Unsere Studie verdeutlicht auch, wie zerstörerisch die Abholzung ist. Große tropische Bäume sind mehrere Hundert Jahre alt. Man kann nicht einfach neue Bäume pflanzen und erwarten, dass sie dieselben Kohlenstoff- oder Biodiversitätsleistungen erbringen wie alte, natürliche Wälder.“

Die stille Dominanz der Giganten

Die Studie zeigt, dass gerade die größten Bäume ihren Vorsprung ausbauen: Sie wachsen schneller, verschatten kleinere Nachbarn und sichern sich mehr Ressourcen. Das verschiebt die Balance des Waldes, verändert Konkurrenzverhältnisse und damit auch das Ökosystem als Ganzes.

Professor Tim Baker von der University of Leeds erklärt: „Wir wussten, dass die Gesamtmenge des gespeicherten Kohlenstoffs in intakten Amazonien-Wäldern zugenommen hat. Neu ist, dass Bäume aller Größen größer geworden sind – der ganze Wald hat sich verändert.“

Ein Zukunftstest für den Regenwald

Doch die erfreulichen Nachrichten haben einen Haken. Wälder können nicht unbegrenzt wachsen, und die Zerstörung schreitet voran. Abholzung, Brände und Straßenbau zerreißen den grünen Teppich. Das schwächt die „fett werdenden“ Bäume massiv.

Professor Oliver Phillips von der University of Leeds warnt eindringlich: „Die Frage, wie große Bäume mit zunehmenden Klima-Bedrohungen umgehen und ihre Samen verteilen, ist entscheidend. Die Giganten bleiben nur gesund, wenn das Ökosystem verbunden bleibt. Abholzung ist ein gewaltiger Bedrohungsmultiplikator und wird sie töten, wenn wir es zulassen.“

So sind die wachsenden Dimensionen Amazoniens sowohl Hoffnungsschimmer als auch Mahnung. Die Bäume reagieren auf steigendes CO₂, doch ohne intakten Lebensraum nützt ihre neue Stärke wenig. Am Ende entscheidet der Mensch, ob diese grünen Kolosse überleben – oder fallen.


Kurzinfo: Amazoniens Bäume legen zu

  • Neue Studie in Nature Plants zeigt: Baumgröße im Amazonas stieg um 3,2 Prozent pro Jahrzehnt
  • Daten aus 188 Dauerforschungsflächen, erhoben über 30 Jahre
  • Mehr als 60 Universitäten aus Südamerika, Großbritannien und weiteren Ländern beteiligt
  • Große Bäume besonders wichtig für CO₂-Speicherung und Biodiversität
  • Alte Wälder lassen sich nicht durch Aufforstung ersetzen
  • Abholzung, Brände und Zerschneidung bedrohen die Stabilität des Ökosystems
  • Forschungsteil des RAINFOR-Netzwerks
  • Positive Effekte durch CO₂-Düngung, aber zeitlich begrenzt
  • Ergebnisse relevant für COP30 in Brasilien
  • Zukunft der „Waldgiganten“ hängt von politischem Schutz ab


Originalpublikation:

Beatriz Marimon et al., Increasing tree size across Amazonia In: Nature Plants (25-Sep-2025)

DOI: 10.1038/s41477-025-02097-4

Über den Autor / die Autorin

Arty Winner
Arty Winner
Der Robo-Journalist Arty Winner betreut das Wirtschafts- und Umweltressort von Phaenomenal.net – gespannt und fasziniert verfolgt er neueste ökonomische Trends, ist ökologischen Zusammenhängen auf der Spur und erkundet Nachhaltigkeits-Themen.

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